newcomer_001 Die Macht der jungen Käufer.pdf

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Ausgabe 1
newcomer
November 2008
Die Macht der jungen Käufer
der Tür, und damit
die wichtigste Zeit für alle
Anbieter von Spielekonsolen
und DVDs, Modeartikeln und
Schokolade. Der Kampf um
die Plätze unter den Weih-
nachtsbäumen ist hart, und
für viele Unternehmen ent-
scheidet sich hier das gesam-
te Geschäftsjahr. Und nicht
nur das: Die Entwicklung des
Konsums beeinlusst die Kon-
junktur, das heißt das Auf und
Ab der Volkswirtschaft in star-
kem Maße.
Es geht um jede Menge
Geld. 2007 betrugen die Kon-
sumausgaben der Haushalte
in Deutschland für Wohnen,
Essen, Bekleidung und Lu-
xusartikel mehr als 1,3 Billi-
onen Euro. Und auch Kinder
und Jugendliche verfügen be-
reits über große Geldmengen.
Nach Angaben der „Kids Ver-
braucheranalyse 2008“ stehen
den 6-13-Jährigen hierzulan-
de pro Jahr ca. 2,6 Mrd. Euro
an Taschengeld und Geld-
geschenken zur Verfügung.
Ca. 3,8 Mrd. Euro liegen auf
ihren Sparkonten.
Da wundert es nicht, dass
viele Unternehmen diese Ziel-
gruppen „ins Visier“ nehmen.
Vom Taschengeld werden vor
allem Süßigkeiten, Zeitschrif-
ten und Fast Food gekauft.
Gespart wird für Handys, Be-
kleidung und größere Spielwa-
ren wie Computerspiele. Und
bei den Weihnachtswünschen
spielen Handys und elektroni-
sche Geräte eine große Rolle.
Immerhin geben die Eltern
für jedes Kind im Jahr durch-
schnittlich 180 Euro nur für
Spielzeug aus. Wie der ein-
zelne Wunsch ausfällt, hängt
dabei ebenso vom verfügbaren
Geld wie vom Freundeskreis
ab, der mitbestimmt, was ge-
rade angesagt ist.
Kinder und Jugendliche
beeinlussen darüber hinaus
auch, welcher Joghurt oder
Fernseher in den Familien
gekauft wird. Sie sind damit
einlussreiche Berater unse-
rer Volkswirtschaft. Die Un-
ternehmen müssen auf sie
hören, wollen sie selbst (nicht
nur) im Weihnachtsgeschäft
erfolgreich sein. Und auch die
Konjunktur wird so gestützt.
*Professor Hans Kaminski ist wissen-
schaftlicher Leiter des Instituts für Öko-
nomische Bildung (IÖB).
James Bond
Der Spion soll die
Kinos wieder füllen
SEITE 2
Finanzkrise
Wie es dazu kommen
konnte
SEITE 5
Schüler schreiben
Wie sie ihre Firma zum
Laufen brachten
SEITE 7
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Illustration: Michael Mantel; Fotos: Rune Hellestad/Corbis; Bryan Allen/Corbis
Das Weihnachtsgeschäft ist für viele Unternehmen entscheidend
Hans Kaminski*
Nie hatten Jugendliche
mehr Geld. Allein die 6-13-
Jährigen können pro Jahr
2,6 Milliarden Euro Taschen-
geld ausgeben.
W eihnachten steht vor
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2 Handelsblatt Thema
November 2008 , Nr. 1 | H
Drei Fragen an:
Kerstin Ramcke
Produzentin bei der Studio Hamburg
Produktion GmbH
Daniel Craig als James Bond
Was sind Ihre Auf-
gaben als Produ-
zentin?
Meine Hauptaufga-
be ist es, Ideen und
Konzepte für Fern-
sehspiele, Serien oder Dokumenta-
tionen an Fernsehsender zu verkau-
fen. Dafür sind regelmäßige Kontak-
te zu den Sendern wichtig. Bei einer
Zusage produzieren wir die Filme
dann im Auftrag des Senders. Dabei
muss auf die Kosten geachtet wer-
den, damit das Unternehmen keine
Verluste macht. Gleichzeitig muss
auch das künstlerische Ziel erreicht
werden.
Hollywood setzt in der Krise auf James Bond und 3 D-Animationen
Keine Kasse ohne
Was für Produktionen machen Sie?
Ich arbeite an vielen Projekten für
den Norddeutschen Rundfunk (NDR)
oder die ARD, zum Beispiel die „Tat-
orte“ in Hamburg und Kiel oder die
Serie „Großstadtrevier“. Ich bin ver-
antwortlich für das Kinderprogramm
und habe auch schon für das Kino
produziert. Wichtig ist es, als Pro-
duzentin eine große Vielfalt abzu-
decken. Spannend ist besonders die
Entwicklung ganz neuer Serienide-
en, von denen man hoft, dass sie gut
beim Publikum ankommen.
kommt es bei der Odyssee des Super-
spions nicht an. Denn der muskelbepack-
te Hauptdarsteller Daniel Craig ist ein
Kassengarant. Sein Erstling
„Casino Royale“ war der er-
folgreichste Bond-Film aller
Zeiten. In seinem zweiten
Film „Ein Quantum Trost“
zeigt Craig noch mehr
Haut. Schließlich will das
traditionsreiche Filmstudio
MGM mit Bond nicht nur Männer, son-
dern auch Frauen in die Kinos locken.
Einen Erfolg können die Kinos
gut brauchen. Denn nach einem guten
Start ins Jahr mit Komödien wie „Kein-
ohrhasen“ mit dem Frauenliebling Til
Schweiger hängt die Branche ziem-
lich durch. Die Fußball-Europameis-
terschaft und die Olympischen Spiele
lockten die Besucher im Sommer eher
Schon im letz-
ten Jahr brach der
Kinoumsatz ein.
Das hat Folgen für
die Multiplexe.
vor den Fernseher als in die Filmtheater.
Viele Kinositze blieben leer. Schon im
vergangenen Jahr brach der Kinoum-
satz auf 757 Mio. Euro (Vorjahr 814 Mio.)
in Deutschland ein. Das hat Folgen.
In manchen Städten schließen Groß-
kinos, in der Branchensprache Multi-
plexe genannt. Die meist in den neun-
ziger Jahren erbauten Kinocenter
rentieren sich nur, wenn die Aus-
lastung einigermaßen stimmt. Keine
Kasse ohne Masse, heißt die Devise
der Branche. Seit Sommer
läuft nun die Aufholjagd.
Holly wood setzt dabei
auf altbewährte Helden.
So kämpft „Batman“ wieder
seit dem Spätsommer gegen
das Böse in der Welt. Ur-
sprünglich sollte auch Zau-
berlehrling „Harry Potter“ weltweit die
Kinosäle füllen. Doch Warner Bros.,
das Hollywood-Studio des weltgröß-
ten Medienkonzerns Time Warner,
verschob den Filmstart auf Mitte
nächsten Jahres. Das ist eine bittere
Pille für die Filmtheater, denn Harry
Potter ist ein bewährter Publikums-
magnet. Nun soll es James Bond wie-
der alleine richten. MGM, das kleinste
Welche Voraussetzungen sollte
man für Ihren Job mitbringen?
Grundlage ist eine vielseitige Ausbil-
dung in allen möglichen Produktions-
bereichen (siehe auch Berufsbild auf
Seite 3). Die meisten Bewerber kom-
men aber aus den Filmhochschulen,
haben also studiert. Zudem sollte
man gute Nerven haben, ein hohes
Maß an Verantwortungsbewusstsein
und Flexibilität. Außerdem: Humor,
denn es begegnen einem in dieser
Branche die „seltsamsten“ Dinge!
Die Fragen stellte Bettina Pulkrabek, wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Institut für Ökonomische Bildung.
Fotos: Thorsten Jander; Sonypictures
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Publikum
Hans-Peter Siebenhaar*
James Bond ist die Hofnung des
Kinos. Die neuen Abenteuer des 007-
Hauptdarstellers sind jetzt in den
Kinos zu sehen. Hollywood zieht alle
Register, um die schwach besetzten
Kinosäle wieder zu füllen.
A uf eine Million mehr oder weniger
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November 2008 , Nr. 1 | H
Handelsblatt Thema
3
unter den großen Hollywood-Studios,
inszeniert mit Unterstützung des gro-
ßen Partners Sony den Filmhelden nach
allen Regeln der Kunst. Daniel Craig
alias James Bond ist das Quasi-Eigentum
der Studios. Der geradlinige Brite wird
von der Öffentlichkeit stärker bewacht
als die Queen. Bei den Dreharbeiten in
dem österreichischen Bodensee-Städt-
chen Bregenz im vergangenen Sommer
wurde der Star vor Zaungästen und
Fotografen abgeschirmt. Der Spion im
Auftrag seiner Majestät ist in einer wah-
ren Geheimmission unterwegs. Aus Sicht
der Studios ergibt die Geheimniskräme-
rei Sinn, denn so bleibt die Spannung
bis zur Premiere erhalten. Alle Details
werden nur stückchenweise den Fans
verkauft.
Ob Bond es aber alleine schafft, der
Filmbranche aus der Patsche zu helfen,
ist zweifelhaft. Denn Hollywood arbei-
tet immer noch die Folgen des Auto-
renstreiks ab. Im vergangenen Winter
hatten die Drehbuchautoren mona-
telang die Arbeit niedergeleg t, um
höhere Honorare durchzusetzen. Da-
durch kam der Zeitplan vieler Pro-
duktionen von Universal, Fox, Para-
mount oder Disney durcheinander. Bei
der größten Film- und Fernsehmesse
im vergangenen Mai in Los Angeles
guckten viele TV-Sender daher in die
Röhre. Nicht nur Kinofilme konnten
nicht gedreht werden, sondern auch viele
Serien ielen ins Wasser, da die Dreh-
bücher fehlten. Hinzu kommt das
Problem der Piraterie in Hollywood.
Die Filmtheater leiden immer stär-
ker unter dem illegalen Kopieren von
Hollywood-Streifen im Internet. Oft
der Stummilmzeit ein Ende. Die Farbe
beendete die Ära des Schwarz-Weiß-
Films. Und heute? Das dreidimen-
sionale Kino soll für eine neue sinn-
liche Erfahrung sorgen. Hollywood
versucht mit den verblüffenden Bildern
in 3D aus der Krise zu kommen. Auch
deutsche Filmproduzenten sind begeis-
tert. „3D ist ein Weg, neue Zielgruppen
in die Filmtheater zu locken“, sagt Mar-
tin Moszkowicz, Produktionsvorstand
bei Constantin Film („Baader-Meinhof-
Komplex“).
Die Kinobranche steht unter Druck.
Immer perfektere Heimkinoanlagen
machen den Filmtheatern weltweit
zu schaffen. Mit dem 3D-Kino könnte
Hollywood die Zuschauer rund um den
Globus endlich wieder locken. Generell
ist die Technik nicht neu. Bereits vor
über 50 Jahren wurden in Hollywood
die ersten Streifen in 3D gezeigt. Doch
das Kino mit den Papp-Brillen konn-
te sich nicht durchsetzen. Nun nimmt
Hollywood einen neuen Anlauf. Die gro-
ßen Hollywood-Studios wie Sony, Fox
oder Warner Bros. wollen in diesem Jahr
bereits 20 Filme in 3D produzieren.
sind die Blockbuster bereits zum Kino-
start über das Netz verfügbar. Deshalb
schmilzt der zeitliche Abstand zwischen
dem Start auf der Leinwand und dem
Verkauf der DVD immer mehr zusam-
men. Die Einnahmen mit den Silber-
scheiben haben mittlerweile längst die
der Kinokarte geschlagen.
Doch am Horizont zeichnet sich
für Hollywood ein Silberstreifen ab.
Die Traumfabrik wurde immer wie-
der von technischen Erfindungen
vorwärts getrieben. Der Tonilm setzte
* Dr. Hans-Peter Siebenhaar ist Redakteur beim Handels-
blatt für die Medienbranche .
Berufsbild
duktionsleiter überprüft vor
Drehbeginn, ob die inanzi-
ellen Mittel für den Film aus-
reichen. Aber auch während
der Dreharbeiten wird viel
Flexibilität und Kreativität
verlangt, wenn kurzfristige
Änderungen im Drehbuch
vorzunehmen oder erkrank-
te Schauspieler zu ersetzen
sind. Während der Drehar-
beiten stehen Produktions-
leiter unter hohem Zeitdruck.
Sie arbeiten ohne geregelte
Arbeitszeit und an verschie-
denen Orten.
Eine direkte Ausbildung
zum Produktionsleiter gibt
es nicht. Der Weg beginnt
häuig mit einer kaufmän-
nischen Ausbildung oder
einem BWL-Studium und
danach einem Einstieg in die
Branche, zum Beispiel als
Produktionsassistent.
Produktionsleiter beim Film
Die Aufgabe
eines Produkti-
onsleiters ist, die Filmkosten
ständig im Blick zu haben.
Vor den Dreharbeiten müs-
sen die gesamten Kosten
kalkuliert werden. Ein gutes
kaufmännisches Verständnis
reicht für diesen Beruf aber
nicht aus. Der Produktions-
leiter muss ein Multitalent
sein, denn alle Arbeitsabläu-
fe für das gesamte Filmpro-
jekt sind zu organisieren und
zu überwachen. Er wählt das
Team aus, zu dem Schau-
spieler, Maskenbildner oder
Kameraleute gehören.
Außerdem muss er sich recht-
lich bei den Arbeitsverträgen
gut auskennen. Der Produk-
tionsleiter mietet die Technik
und die Aufnahmestudios.
Versicherungen werden ab-
geschlossen, Drehgenehmi-
gungen eingeholt und die
Anreise und Unterbringung
des Teams geplant.
Nicht nur Organisations-
talent ist gefragt: Der Pro-
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Fotos: Wes Thompson/Corbis; Kulka/zefa/Corbis
Bereits vor über 50 Jahren
wurden die ersten Filme in 3D
gezeigt.
111541318.002.png
4 Proil
November 2008 , Nr. 1 | H
Die Erfolgsgeschichte von Steve Jobs
Der Mann hinter dem Apfel
so aus, als würde Steve Jobs eine Er-
folgsgeschichte starten. Er brach sein
Studium nach dem ersten Semester ab
und hielt sich mit Gelegenheitsjobs über
Wasser.
Steve Jobs interessierte sich für
Technik und Elektronik, knüpfte Kon-
takte und bekam einen Auftrag des
Spieleherstellers Atari. Schließlich
gründete er 1976 mit seinem Freund
Steve Wozniak das Unternehmen App-
le. Seine Idee, einen leicht zu bedie-
nenden und bezahlbaren Computer für
den privaten Gebrauch zu entwickeln,
entpuppte sich schnell als Erfolg. Der
Apple wurde als erster Computer der
Welt berühmt und Jobs im Alter von
25 Jahren der jüngste Multimillionär
der Welt.
Nach einem Streit verließ Steve Jobs
1985 das Unternehmen. Ein Jahr später
gründete er das Filmstudio „Pixar“, mit
dem er Kassenschlager wie „Toy Story“
und „Findet Nemo“ landete. Als Apple
Verluste machte, folgte Jobs 1997 dem
Steve Jobs gründete 1976
das Unternehmen Apple.
Hilferuf der Geschäftsleitung, kehrte
zurück und leitete die Kehrtwende ein.
Durch Computer in unverwechselbarem
Design, den iPod und das iPhone brachte
er Apple wieder an die Spitze. In den USA
verkauft die Firma heute z. B. mehr als 70
Prozent aller MP3-Player. Apple gab im
Jahr 2004 bekannt, dass Jobs an Krebs
erkrankt sei. Jobs versicherte, er habe den
Krebs überwunden. Erst vor kurzem kur-
sierten wieder Gerüchte, er sei doch nicht
vollständig genesen.
* Irina Wolk ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Institut für Ökonomische Bildung (IÖB).
Quelle:Millward Brown, 2008
Der Weg aus den Schulden
Anne Koark – eine gescheiterte Existenzgründerin lässt sich nicht unterkriegen
steht heute die Berufsbezeichnung
„Pleitier“ (= jemand, der pleite ist). Noch
vor ein paar Jahren sah es anders aus: 1985
kommt die Engländerin nach Deutschland
und gründet eine Unternehmensberatung.
2001 wird die Firma bundesweit aus über
100 Unternehmen mit einem Existenz-
gründerpreis ausgezeichnet. Doch dann
verliert sie ihre zwei wichtigsten Auftrag-
geber und muss Insolvenz (siehe Seite 8)
anmelden – 160 000 Euro Schulden blei-
ben Anne Koark. Für die nächsten sechs
Jahre wird der Großteil ihrer Einnahmen
gepfändet, lediglich etwas mehr als 1 500
Euro darf sie für sich und ihre zwei Kin-
der pro Monat behalten. Zunächst fühlt
sie sich als Versagerin. Doch Koark lässt
sich nicht unterkriegen: „Nicht das Strau-
cheln ist entscheidend, sondern das Wie-
deraufrichten“, so lautet ihr Motto. Sie
gründet den Verein „Bleib im Geschäft“,
eine Anlaufstelle für alle, die von Insol-
venz bedroht sind.
„Pleitier“ Anne Koark
Der Autor Moritz Neuenroth ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Ökonomische Bildung (IÖB).
Fotos: Kim Kulish/Corbis; Dirk Bauer
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Irina Wolk*
Steve Jobs hat es geschaft. Die Me­
dien feiern den „iGod“ als Eroberer von
Zukunftsmärkten. Er entwickelte mit
seinen spektakulären Auftritten eine
starke Marke – wer ist dieser Mann?
Z u Beginn seiner Karriere sah es nicht
A uf der Visitenkarte von Anne Koark
111541318.003.png 111541318.004.png 111541318.005.png 111541318.006.png 111541318.007.png 111541318.008.png 111541318.009.png 111541318.010.png
 
November 2008 , Nr. 1 | H
Unternehmen und Märkte
5
Die Finanzkrise hat ihren Ursprung in den USA und sorgt global für Unruhe
Wenn Geld plötzlich „verfault“
gen vom 11. September
2001 nahmen die Probleme
ihren Lauf. Aus Angst vor
den psychologischen und
wirtschaftlichen Folgen des
Terrors wurden in den USA
die Zinsen gesenkt, um die
Wirtschaft mit Geld und
Kaufkraft (siehe Seite 8) zu
versorgen.
Wenn Zinsen sinken,
werden Kredite günstig. Viele
Amerikaner entschlossen sich
deshalb Immobilien (siehe
Seite 8) auf Kredit zu kaufen.
Darunter waren auch viele
Menschen, die nichts gespart
oder sehr geringe Einkom-
men hatten. Auf den globalen
Finanzmärkten (siehe Seite
8) wird heute alles Mögliche gehandelt,
auch solche Kredite. US-Banken schnür-
ten diese zu Paketen zusammen, verban-
den sie mit anderen Wertpapieren und
reichten sie weltweit weiter. Viele Banken,
Versicherungen und Fonds (siehe Seite
8) liehen sich in der Hoffnung auf große
Gewinne selbst Geld, um diese Pakete zu
begannen zu „faulen“, sie ver-
loren ihren Wert. Da sich die
Papiere mittlerweile mas-
senhaft in der Finanzwelt
verbreitet hatten, wusste
irgendwann niemand mehr,
wer wie viele davon erworben
hatte. Immer mehr Banken
bekamen Probleme, aber es
war so viel Misstrauen ent-
standen, dass andere Ban-
ken diesen kein Geld mehr
liehen, um die Probleme zu be-
heben. Die globale Wirtschaft
ist aber auf ein funktionieren-
des Finanzsystem angewie-
sen. Der Hilferuf nach dem
Staat wurde laut, auch wenn
dieser zuvor bei der Aufsicht
versagt hatte. Damit die welt-
weiten Finanzmärkte nicht
zusammenbrechen, pumpen
jetzt die Notenbanken (siehe
Seite 8) nicht nur in den USA,
sondern auch in Europa Geld
in das System. Allein in den
USA gibt die Regierung mehr
als 700 Mrd. Dollar aus, in
Deutschland sind es 480 Mrd.
Euro. Keine Frage: Die Finanzwelt muss
neu geordnet werden. Was in den USA
begann, hat somit Auswirkungen auf die
ganze Welt.
kaufen. Die hohe Nachfrage nach Kredi-
ten ließ die Zinsen in den USA wieder an-
steigen, und viele der Hauskäufer konnten
ihre Schulden nicht mehr abbezahlen.
Das geliehene Geld war weg, es
blieben die Häuser. Doch deren Wert
war stark gesunken, da es kaum noch
Kauinteressenten gab. Die Wertpapiere
*Michael Koch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Insti-
tut für Ökonomische Bildung (IÖB).
Kommentar von
Frank Wiebe*
iert und sich diese gegenseitig für viel
Geld verkauft, obwohl sie eigentlich gar
nichts wert waren. Dann ist das System
wie ein Kartenhaus eingestürzt, manche
Banken standen kurz vor der Pleite. Des-
wegen haben die Regierungen weltweit
mit einer gigantischen Rettungsaktion
den Banken Geld zur Verfügung gestellt.
Aber soll der Staat diese Ban-
ken überhaupt retten? Ja, er soll.
Verdient hätten manche Banker schon,
dass man sie hängen lässt. Aber die
Kunden dieser Banken würden
ihr Geld ebenfalls verlieren. Die
Wirtschaft würde zusammenbre-
chen, weil die Unternehmen Kre-
dite von den Banken brauchen.
Deswegen hat der Staat gar keine an-
dere Wahl: Er muss die Zähne zusam-
menbeißen und helfen. Und danach
die Banken besser beaufsichtigen, da-
mit sie nicht wieder Geld verspielen.
Geld
verspielt
Die Banker in Finanzmetropolen wie
New York und London, aber auch in
Städten wie Düsseldorf und Mün-
chen haben Milliarden an Dollar und
Euro regelrecht verspielt. Sie haben
komplizierte Wertpapiere konstru-
* Frank Wiebe ist Kolumnist beim Handelsblatt.
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Illustration: Kolja Wilcke ; Foto: Judith Wagner/Handelsblatt
Michael Koch*
Die Finanzkrise hält die
Welt in Atem. Täglich gibt
es Berichte über drohen-
de Bankenpleiten und eine
Weltwirtschaftskrise. Wie
konnte es dazu kommen?
M it den Terroranschlä-
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Zgłoś jeśli naruszono regulamin