Andreae, Johann Valentin - Chymische Hochzeit des Christiani Rosencreutz.pdf

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Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz Anno 1459
Johann Valentin Andreae:
Chymische Hochzeit:
Christiani Rosencreutz
Anno 1459
Arcana publicata vilescunt;
et gratiam prophana amittunt.
Ergo: ne Margaritas obijce porcis,
seu Asino substerne rosas.
Straßburg /
In Verlägung / Lazari Zetzners.
Anno M. DC. XVI.
Das Erste Buch
Dies I.
(Erster Tag)
An einem Abend vor dem Ostertag saß ich an einem Tisch, und wie ich mich meiner gewonheit
nach mit meinem Schöpffer in meinem demütigen Gebett gnugsam ersprachet: Und vielen
grossen Geheimnussen: (deren mich der Vatter deß Liechts seine Majestät nit wenig sehen
lassen) nachgedacht. Auch nuhn mir mit meinem lieben Osterlämblein ein ohngesäurt,
unbeflecktes Küchlein in meinem Hertzen zubereitten wöllen, kommet einsmals ein solcher
grausamer Wind daher, das ich nit anders meinte, dann es wurde der Berg, darein mein
Häußlein gegraben, vor grossem gewalt zerspringen müssen.
Weil mir aber solches und dergleichen an dem Teuffel (der mir manch leyds gethan) nit an that,
fasset ich einen muth und blieb in meiner Meditation, biß mich wider mein gewonheit jemand
auff den Rucken anreget, darvon ich dermassen erschrocken, das ich mich kaum umbsehen
Dies II.
Bloß war ich auß meiner Cellen in den Wald kommen, da duncket mich schon, es hette sich der
gantze Himmel und alle Element zu solcher Hochzeit geschmucket.
Dann auch die Vögel meines erachtens lieblicher singen dann zuvor, so sprungen die junge
Hirschlin so frewdig daher, das sie mein altes Hertz erfrewet und zu singen bewegt, fieng
derwegen mit lauter Stimm auch also an zu singen:
Freu dich du liebes Vögelein,
Dein Schöpffer hoch zu loben:
Dein stim erheb nun hell und fein,
Dein Gott ist hoch erhoben,
Dein Speiß hatt er dir vorbereit,
Gibt dirs zu recht bequemer zeit,
Daran laß du dich genügen.
Was wolstu doch unlustig sein,
Was wolst uber Gott zürnen,
Daß er dich wolt ein Vögelein sein,
Wolst das Köpfflin verwirren,
Daß er dich nicht ein Menschen gemacht,
O schweig er hatt es baß bedacht,
Daran laß du dich genügen.
Was mach ich armer Erden Wurm,
Wolt ich mit Gott thun rechten,
Daß ich so in den Himmel stürm,
Mit g‘walt groß Kunst z‘erfechten,
Gott will sich ja nicht bochen lan,
Wer hie nit daugt, mach sich darvon,
O Mensch laß dich genüegen.
Das er dich nit zum Keyser g‘macht,
Das laß du dich nit krencken,
Sein Namen hetst villeicht veracht,
Deß hat er sein bedencken:
Die Augen Gottes heller sein,
Er sicht dir gar ins Hertz hinein,
Drumb wirst Gott nit betriegen.
Diß sang ich nun von grund meines Herzen durch den Wald hindurch, daß es allenthalben
erschallte, und die Berg mir die letsten wort repetierten, biß ich entlich ein schöne grüne
Heyden ersehen: Dahin ich mich auß dem Wald begeben.
Auff dieser Heyden stunden drey hohe schöne Cedern Bäume, welche umb ihrer breiten willen
ein herrlichen und erwünschten Schatten gegeben, dessen ich mich höchlich erfrewet, dann ob
Dies III.
So bald nun der liebe Tag angebrochen und die helle Sonn sich über die Berge erhoben und am
hohen Himmel zu seinem befohlenen ampt wider eingestelt, fiengen sich an, meine gute
kämpffer auß den Betten zu erheben und sich allgemach zur inquisition gefast zu machen.
Deßwegen dann einer nach dem andern wider in den Saal kommen und einen guten Tag
gewündscht und gefragt, wie wir diese Nacht geschlaffen, wie sie nun unsere Bande gesehen,
waren auch viel, die uns erfiltzeten, daß wir uns so verzagt hätten ergeben und nit viel mehr
auff Glück und Unglück, wie sie gewaget, wiewol etliche, denen das Hertz immer geklopffet,
nit laut zur sachen schrien.
Wir entschuldigten uns mit unserm Unverstandt und verhofften, wir solten nun bald loß
außgehen und uns diesen Spot für ein witzigung sein zulassen, das sie hergegen noch nit
allerdings entrunnen und villeicht noch die gröste gefahr bevor hätten.
Entlich wie sich nuhn jederman wider versamlet, fanget man abermals an, wie vormals zu
Trommeten und die Heerbaucken zuschlagen, da meinten wir nit anders, denn es wurde sich der
Bräutigam praesentiren, welches doch manchem gefehlet: Dann es war abermal die gesterige
Jungfraw, die hätte sich in ein gantz rohten Samet bekleidet und mit weissem Bändel
umbgürttet: Auff ihrem Haupt hatte sie ein grünen Lorberkrantz, welcher sie trefflich zieret: Ihr
apparat waren nicht mehr Liechtlin, sondern auff die 200. Geharnischter Männer, welche alle
gleich in Roht und Weiß wie sie gekleidet gewesen.
So bald die nuhn vom Stul gesprungen, geht sie gleich zu uns gefangenen her, und nach dem sie
uns gegrüst, sagt sie mit wenig worten: Daß ewer etlich ihr Elendt erkanndt, daß last ihm mein
Gestränger Herr gefallen, und will es euch auch geniessen lassen.
Und wie sie mich in meinem Habit ersicht, lachet sie und spricht: Sih, hastu dich auch unter das
Joch begeben? Ich meint, du hättest dich so fein gerüst: mit welchen worten sie mir die Augen
uber getrieben.
Darauf heist sie uns aufflösen und zusammen kupplen, auch an ein orth stellen, da wir die Wag
wol sehen kundten, dann sagte sie: Es kan ihnen noch besser ergehen, dann einem vermessenen,
so noch hier ledig steht.
Unter dessen wirt die Wag so gantz guldin gewesen, mitten in dem Saal auffgehenckt, auch ein
kleines Tischlein mit rohtem Samet bedeckt und darauff 7. Gewicht gestelt: Erstlich stund ein
ziemlich groß: darauff vier kleine besonders: Entlich 2. grosse aber besonders.
Und waren diese Gewicht zu ihrer Proportz so schwer, daß es kein Mensch glauben, noch
begreifen kann.
Es hatte aber jeder Geharnischter neben einem blossen Schwert ein starcken Strick, die sie denn
nach der Zahl der Gewicht in 7. Rotten getheilt und auß jeder Rotte einen zu seinem Gewicht
erwehlet: und darauff wider auff ihren hohen Thron gesprungen.
So bald sie nuhn ihr Reverentz gethan, fangt sie also mit starcker stimm an zu reden.
Dies IV.
Ich lag noch in meinem Bett und besahe algemach die herrliche Bilder und Figuren, so hin und
wider in meinem Gemach waren, unter deß erhört ich schnell ein Music von Zincken, als ob
man schon allbereit in der Proceßion wer: mein Knab wischet auß dem Bett, als ob er von
Sinnen were, sahe auch einem Todten viel gleicher, dann eim Lebendigen, wie nun mir
gewesen sey, ist gut zugedencken, dann er saget, die andern wurden allbereit dem König
praesentiert.
Ich wüste mehr nit zu thun, dann die hellen zehern zu weinen, und mein Faulheit selbsten zu
verfluchen.
Noch that ich mich an, aber mein Knab war lengst fertig und lieff zum Gmach hinauß zu sehen,
wie doch die Sachen stunden.
Er kam doch bald wider und bracht die fröhliche Pottschafft, daß gleichwol nichts versaumt
were, allein hätte ich daß Frühstuck verschlaffen, man hätte mich doch umb meines Alters
willen nit begert zu wecken.
Jetzt aber sey es zeit, daß ich mit ihm zum Brunnen gehe, da seyen sie mehrertheil versamlet:
Von diesem Trost kam mein Geist wider, ward deßwegen bald mit meiner Kutten ferttig, und
zog dem Knaben nach, in obgemelten Garten zu dem Brunnen.
Nach dem wir nun einander salutiert, auch die Jungfraw meines langschlaffens gespottet, führt
sie mich bey der Hand zu dem Brunnen, da fand ich, das der Löw an stat seines Schwertes ein
ziemliche grosse Taffel bey sich hatte.
Wie ich nuhn die eben besichtiget, befand ich, daß sie auß den Alten Monumenten genommen
und hieher zu sonderlicher Ehr gesetzt worden: Die Schrifft war etwas auß älte abgelescht, will
sie derowegen, wie sie ist, hieher setzen und einem jeden nach zudencken geben.
HERMES PRINCEPS.
POST TOT ILLATA
GENERI HUMANO DAMNA,
DEI CONSILIO:
ARTISQUE ADMINICULO,
MEDICINA SALUBRIS FACTUS
HEIC FLUO.
Bibat ex me qui potest, lavet, qui vult:
turbet qui audet:
BIBITE FRATRES, ET VIVITE
Dies V.
Die Nacht war fürüber, und der liebe erwündschte Tag angebrochen, da machet ich mich flux
auß dem Bett, mehr begierig zuerfahren, was doch geschehen möchte, dann das ich geschlaffen
gnug hätte.
Nach dem ich mich nun angezogen, und meiner gewonheit nach die Stiegen hinab begeben, war
es noch zu frühe, und fande niemand anders in dem Saal, bat deßwegen meinen Knaben mich
ein wenig in dem schloß umbzuführen, und etwas sonderlichs zuzeigen, der war nun wie allweg
willig, führet mich auch alsbald etliche Stiegen unter die Erd, zu einer grossen eysenen Thüren,
darauff waren nachfolgende wort von Kupfferen grossen Buchstaben angehefftet:
Diß hab ich also abgemahlt, und in mein Schreibtäfelein auffgezeichnet: Nach dem nuhn diese
Thür eröffnet, führet mich der Knab bey der Hand durch einen gantz finstern Gang, biß wir
wider zu einem kleinen Thürlein kamen, daß war nun zugeleinet, dann wie mich der Knab
berichtet, hatte man solches erst gestern eröffnet und die Sarch darauß genommen, wäre also
noch nit beschlossen worden, wie wir nuhn hinein getretten, ersahe ich daß allerköstlichste
ding, so jemal die Natur erschaffen.
Dann solch Gewelb hatte sonst kein ander Liecht, denn von etlicher ubergrossen Carbunckeln,
und diß war (wie ich berichtet wurde) deß Königs Schatz: Das herrlichst und fürnembst aber so
ich hierinen gesehen, daß war ein Grab, so in der mitten stund von solcher köstligkeit, daß mich
wundert, daß solches nit besser versorget wurde: Darauff antwortet mir der Knab: Ich hätte
mich billich gegen meinen Planeten zu bedancken, auß welches Influentz mir nun mehr etliche
Stuck zusehen worden, so keines Menschen Aug sonsten jemalen gesehen, außer deß Königs
Gesinde.
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