deutschlandlied.pdf

(482 KB) Pobierz
Anmerkungen
DAS LIED DER DEUTSCHEN
Sieht man heute in einem Liederbuch fr deutsche Schulen unter dem Stichwort
áNationalhymneÐ nach, findet man den folgenden Text:
Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland,
Danach lasst uns alle strebe n 1 brüderlich mit Herz und Hand.
Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand 2 ,
Blüh’ im Glanze dieses Glückes, blühe deutsches Vaterland!
1 streben nach etwas: etwas als Ziel haben, etwas erreichen wollen
2 das Unterpfand (lit.): etwas, das als Garantie oder Beweis gegeben wird
Franz Specht: EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT È und ein paar Informationen
zur deutschen Nationalhymne ¨ Max Hueber Verlag, Ismaning 2002
1
48323482.010.png 48323482.011.png 48323482.012.png
( Melodie und Text in engl. Übersetzung: http://www.ingeb.org/Lieder/deutschl.html )
Dies ist aber nur die dritte Strophe aus dem áLied der DeutschenÐ, das Hoffmann von
Fallersleben 1841 schrieb.
Das hei¦t: Es gibt auch noch eine erste und zweite Strophe. Die klingen aus heutiger
Sicht und fr den heutigen Geschmack aber so schrecklich, dass sie nicht mehr
gesungen werden. Besonders frchterlich ist die erste:
Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze 3 brüderlich zusammenhält
Von der Maas 4 bis an die Memel 5 , von der Etsch 6 bis an den Belt 7 .
Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt!
Deutschland ber alles in der Welt? Î
So einen Satz will nach zwei Weltkriegen mit vielen Millionen Toten und nach dem
Verbrechen des Holocaust kein vernnftiger Mensch mehr hren. Er passt einfach zu
perfekt zur unmenschlichen Ideologie des Nationalsozialismus.
Aber auch die zweite Strophe mit ihren Klischees 8 von Frauen, Treue und
Gemtlichkeit ist nicht viel besser:
Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten ihren alten, schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern unser ganzes Leben lang,
Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang!
Zu ihrer Entstehungszeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die drei Strophen
des Deutschlandliedes aber ganz anders verstanden. Wenn Sie mehr darber wissen
mchten, lesen Sie bitte unsere Anmerkungen.
3 der Trutz (poet., nur noch in der Wendung áSchutz und TrutzÐ): der Widerstand
4 Maas: Fluss in Ostfrankreich (Meuse), Belgien und den Niederlanden
5 Memel: (Njemen) Fluss in Wei¦russland und Litauen
6 Etsch: (Adige) Fluss in Sdtirol und Venetien (Italien)
7 Gro¦er und Kleiner Belt: zwei Meerengen (Seestra¦en) in Dnemark
8 das Klischee, die Klischees: feste, unrealistische Vorstellung, Vorurteil, Stereotype
Franz Specht: EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT È und ein paar Informationen
zur deutschen Nationalhymne ¨ Max Hueber Verlag, Ismaning 2002
2
48323482.013.png 48323482.001.png
Anmerkungen
Als der Germanist und Dichter Hoffmann von Fallersleben das áLied der
DeutschenÐ schrieb, war Deutschland politisch ziemlich unbedeutend, obwohl die
Zahl der deutsch sprechenden Menschen gr¦er war als die der Franzosen oder
Briten. Der Grund dafr? Ganz einfach: Deutschland war nicht einig. Es hatte keine
zentrale Regierung, sondern bestand aus 39 Kleinstaaten. Kein Wunder, dass es in
der internationalen Politik so gut wie keine Rolle spielte 9 .
áDeutschland ber allesÐ Î damit meinte Hoffmann also, die Deutschen sollen
lieber an ihre Nation denken, statt sich dauernd ber Kleinigkeiten zu streiten. Er
wollte schon 1841, dass Deutschland ábrderlich zusammenhltÐ [siehe auch: Der
Textdichter ]. Aber erst drei Jahrzehnte spter, im Jahr 1871, kam es zur deutschen
Einigung und der Grndung des Deutschen Reichs.
Es wurde nur eine ákleineÐ Einigung, das ebenfalls Deutsch sprechende
sterreich war nicht mit dabei. Trotzdem wollten die Deutschen nun die wichtigste
europische Nation werden. Mehr als vier Jahrzehnte lang dauerte der wirtschaftliche
Wettkampf 10 der gro¦en Nationen, bis 1914 daraus dann der I. Weltkrieg wurde, den
die Deutschen vier Jahre spter verloren.
Erst nach dieser Niederlage 11 wurde im Jahr 1922 das áLied der DeutschenÐ
zur offiziellen Nationalhymne. Nachdem 1945 dann auch der II. Weltkrieg verloren
und Deutschland wieder geteilt war, verboten die Alliierten Siegermchte 12 die
Hymne. Sie dachten, dass es ein nationalsozialistisches Lied sei.
Anfang der 50er-Jahre stimmten etwa drei Viertel aller Westdeutschen in einer
Meinungsumfrage dafr, das Deutschlandlied wieder zur Nationalhymne zu machen.
1952 sang Bundeskanzler Konrad Adenauer auf einer Veranstaltung in Berlin
zusammen mit anderen Gsten die dritte Strophe des Deutschlandliedes. Es gab
Proteste, aber Adenauer erreichte sein Ziel: Die dritte Strophe des Deutschlandliedes
gilt seither wieder als deutsche Nationalhymne.
In der DDR blieb das Lied allerdings verboten. Die Ostdeutschen hatten eine
eigene Hymne mit dem Text von Johannes R. Becher: áAuferstanden aus RuinenÐ
(Text und Melodie: http://www.ingeb.org/Lieder/aufersta.html ) . Mit der
Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990 und dem Ende der
DDR wurde die dritte Strophe des Deutschlandliedes dann aber in ganz Deutschland
wieder zur Nationalhymne.
9 keine Rolle spielen: nicht wichtig sein
10 der Wettkampf, die Wettkmpfe: die Konkurrenz
11 die Niederlage, die Niederlagen: das Verlieren (z.B. eines Streits, Kampfs) ↔ der Sieg, der Erfolg
12 Alliierte Siegermchte: USA, Gro¦britannien, Frankreich, Sowjetunion
Franz Specht: EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT È und ein paar Informationen
zur deutschen Nationalhymne ¨ Max Hueber Verlag, Ismaning 2002
3
48323482.002.png 48323482.003.png
Der Komponist
Der sterreicher Franz Joseph Haydn (1732 Î 1809) gehrt
zusammen mit Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van
Beethoven zu den Komponisten der sogenannten áWiener
KlassikÐ. Er war einer der wichtigsten Musiker des 18. und
beginnenden 19. Jahrhunderts.
Die einfache und ruhige Melodie, die spter fr das
áDeutschlandliedÐ verwendet wurde, schrieb Haydn schon im
Jahr 1796. Damals hie¦ das Lied áKaiserhymneÐ und begann
mit der Zeile: áGott erhalte Franz den KaiserÐ. Gemeint war
Kaiser Franz II. von sterreich.
Die Kaiserhymne war eine Antwort der sterreicher auf die franzsische Hymne, die
áMarseillaiseÐ. Napoleon versuchte in dieser Zeit nmlich, ganz Europa zu erobern
und griff dabei auch sterreich an.
1797 verwendete Haydn die Melodie des Liedes fr den zweiten Satz eines
berhmten Streichquartetts 13 , des sogenannten áKaiser-QuartettsÐ.
Der Textdichter
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 Î 1874)
schrieb das áLied der DeutschenÐ im Jahr 1841.
Nur Adelige 14 hatten in Deutschland das Wrtchen á von“ in
ihrem Namen. War Hoffmann ein Adeliger? Nein. Aber er
wollte wohl gerne einer sein? Auch das stimmt nicht.
Hoffmann wollte zeigen, dass ein Adelstitel nichts
Besonderes ist. Deshalb nannte er sich nach seinem
Geburtsort Fallersleben (im heutigen Bundesland
Niedersachsen) áHoffmann von FallerslebenÐ.
Fr Hoffmann war der egoistische deutsche Adel daran schuld, dass das Land keine
einige und gro¦e Nation war, wie zum Beispiel Frankreich oder Gro¦britannien.
Nicht nur im áLied der DeutschenÐ, sondern auch in anderen seiner Gedichte forderte
er immer wieder die staatliche Einheit aller Deutschen.
13 Streichquartett: Musikstck fr vier Streichinstrumente (meistens zwei Violinen, eine Viola, ein
Cello)
14 der Adelige, die Adeligen: ≈ Aristokrat, jemand, der durch seine Familie eine hohe soziale Position
hatte
Franz Specht: EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT È und ein paar Informationen
zur deutschen Nationalhymne ¨ Max Hueber Verlag, Ismaning 2002
4
48323482.004.png 48323482.005.png 48323482.006.png 48323482.007.png
Deutsch, das war fr ihn jeder Mensch, der Deutsch als Muttersprache gelernt hatte.
Dazu gehrten natrlich auch die sterreicher. Wohl auch deshalb whlten
Hoffmann von Fallersleben und sein Verleger Haydns áKaiserhymneÐ als Musik fr
das Deutschlandlied.
Auf Hoffmanns Angriffe gegen die deutsche Kleinstaaterei reagierten die
Herrschenden ziemlich scharf. Wegen áÈ Verachtung und Hass gegen Landesherren
und Obrigkeit 15 ÈÐ verlor er seine Stelle als Professor in Breslau (Wrozlaw, im
heutigen Polen) und seine Werke wurden fr einige Zeit verboten.
Neben politischen Gedichten schrieb Hoffmann auch viele schne deutsche
Volkslieder, die zum Teil noch heute gesungen werden, zum Beispiel áKuckuck,
Kuckuck ruft Ós aus dem WaldÐ, áAlle Vgel sind schon daÐ oder áWinter ade,
Scheiden tut wehÐ.
15 die Obrigkeit: die Regierung, die Behrden, die Exekutive
Franz Specht: EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT È und ein paar Informationen
zur deutschen Nationalhymne ¨ Max Hueber Verlag, Ismaning 2002
5
48323482.008.png 48323482.009.png
Zgłoś jeśli naruszono regulamin