Der Spiegel 2006 17.pdf

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DAS DEUTSCHE NACHRICHTEN-MAGAZIN
Hausmitteilung
24. April 2006
Betr.: Ehrenmord, Tschernobyl, Macau
S chon in einer Titelgeschichte über „Allahs rechtlose Töchter“ (47/2004) wurde das
Schicksal von Frauen, die in Deutschland in streng religiösen muslimischen Fami-
lien leben, von SPIEGEL-Redakteuren beschrieben. Sie deckten auf, wie archaisch das
Wertesystem von Menschen ist, die in Berlin-Kreuzberg oder Köln-Mülheim leben, in
Wahrheit aber nie in Deutschland angekommen sind – und wie grausam Ehefrauen und
Töchter bisweilen misshandelt werden, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nimmt.
„Auch manche Politiker scheinen erst seit dem Ehrenmord an Hatun Sürücü in Berlin
zu registrieren, dass Tausende Mädchen unter der Knute ihrer Väter und Brüder wie
in einem Käfig leben müssen“, sagt SPIEGEL-Redakteurin Conny Neumann, 45.
Kollege Daniel Steinvorth, 31, ging im anatolischen Tortan, dem Heimatdorf der
Sürücüs, auf Spurensuche, Redakteur Sven Röbel, 33, recherchierte in Berlin, wie
Ayhan Sürücü, 19, lebte, bevor er seine Schwester Hatun, 23, tötete (Seite 80).
A ls am 26. April 1986 der
Reaktor im ukrainischen
Kernkraftwerk Tschernobyl ex-
plodiert war, ging bald darauf
auch in Deutschland die Angst
vor kontaminierten Lebensmit-
teln und Grünflächen um. Schul-
sport wurde vielerorts aus dem
Freien in Turnhallen verlegt, und
die Behörden empfahlen Eltern,
Kleinkinder mit Milchpulver statt
mit Frischmilch zu versorgen. SPIEGEL-Redakteurin Merlind
Theile, 30, damals Viertklässlerin in München, musste vor
dem Betreten des Klassenzimmers die Schuhe ausziehen,
„damit der Strahlenschmutz draußen blieb“. Vielen Eltern in
Westdeutschland war solche Vorsicht nicht genug: Tausende
flohen mit ihren Kindern nach Südeuropa, um sie vor den
Folgen des Fallouts zu bewahren, manche blieben dort.
Theile sprach auf der Kanareninsel La Palma mit Tschernobyl-
Flüchtlingen, ihre Kollegin Annette Bruhns, 39, traf Auswan-
derer in Portugal. „Die meisten bereuen ihre Entscheidung
nicht“, sagt Bruhns, „auch wenn das Leben mit Kindern in der
Fremde mitunter desillusionierend war“ (Seite 48).
Bruhns (in Portugal, l.) Theile (auf La Palma, r.)
SPIEGEL 20/1986
B ereits als portugiesische Kolonie war Macau das Las Vegas Asiens, doch als die nahe
Hongkong gelegene Inselgruppe 1999 zu China zurückkehrte, ließen Pekings Kom-
munisten die Casinos bestehen. Im Milieu der Zocker und Abzocker lernte SPIEGEL-
Reporter Ullrich Fichtner, 40, im Januar die Chinesin Chen Xi Mei, 30, kennen – die
Mär vom großen Geld ohne Arbeit hatte sich bis in ihr kleines Dorf herumgesprochen.
Tausend Kilometer weit war Chen gefahren, um ihr Erspartes zu riskieren, aber sie ver-
lor alles. Fichtner begleitete die Verliererin auf dem Rückweg, lange jedoch hielt sie
es in der Provinz nicht aus. Mitte März, als Fichtners Recherche schon abgeschlossen
war, rief Chen ihn an und traf sich, wiederum in Macau, noch einmal mit dem
SPIEGEL-Mann. „In gewisser Hinsicht hat sie dort jetzt Fuß gefasst“, sagt Fichtner,
„sie spürt Spieler auf, die pleite sind, und vermittelt sie an Kredithaie“ (Seite 64).
Die nächste SPIEGEL-Ausgabe wird wegen des Ersten Mai bereits am
Samstag, dem 29. April, verkauft und den Abonnenten zugestellt.
3
Im Internet: www.spiegel.de
der spiegel
17/2006
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In diesem Heft
Titel
Familienministerin Ursula von der Leyen
irritiert mit ihren gesellschaftspolitischen Ideen
Freund wie Feind ............................................. 22
Interview mit Ursula von der Leyen über
Elterngeld, Wertediskussion und ihre Stellung
im Kabinett ....................................................... 31
Der Mythos von der Gleichberechtigung ......... 34
Kulturkampf um die Familie Seiten 22 bis 34
Sie galt als Geheimwaffe der Kon-
servativen, aber mit ihren Allein-
gängen hat CDU-Familienministerin
Ursula von der Leyen auch das eige-
ne Lager irritiert. Eifernd propagiert
sie die Erziehung nach christlichen
Werten, mit staatlichem Elterngeld
will sie zudem die Geburtenrate
erhöhen und Väter an die Wiegen
locken. Nachholbedarf gibt es in der
Familienpolitik tatsächlich: Akade-
mikerinnen verzichten noch immer
auf Kinder, weil sie zu Recht um ihre
Karriere fürchten.
Deutschland
Panorama: Washington will deutsche Soldaten
im Sudan / WM-Maulkorb für Beckenbauer /
Bund kürzt beim Katastrophenschutz ............... 17
Berlin: Die überschuldete Stadt klagt
in Karlsruhe auf Bundeshilfen .......................... 46
Mecklenburg-Vorpommern: Rechnungshof
beklagt Schlamperei mit Fördergeldern ............ 47
Auswanderer: Viele Familien, die nach
der Reaktorkatastrophe von
Tschernobyl 1986 Deutschland verließen,
leben bis heute im Ausland .............................. 48
Umwelt: Die Dose soll wieder
gesellschaftsfähig werden ................................. 54
Pädagogik: Über die erzieherische
Verantwortung der Eltern ................................ 56
Ministerin von der Leyen, Familie
Mehr Steuern für den Staat?
Seite 90
Gesellschaft
Szene: Wissenschaftler erforschen den
alkoholfreien Rausch /
Elton Johns Kleiderauktion in New York .......... 61
Eine Meldung und ihre Geschichte ................... 62
China: Macau, das Las Vegas von Asien .......... 64
Verbrechen: Wie kam es in Potsdam zum
Angriff auf einen Deutsch-Äthiopier? .............. 75
Sicherheit: Mit DNA-Tests sollen Hooligans
vor der Fußball-WM eingeschüchtert werden ... 78
Migration: Der Mord an Hatun Sürücü
und die Verbrechen im Namen der Ehre .......... 80
Ortstermin: Die Jugendzeitschrift „Bravo“
präsentiert eine Sexstudie ................................ 84
Der designierte SPD-Chef Kurt Beck hat mit seinem
Vorstoß für höhere Steuern eine heftige Debatte aus-
gelöst: Müssen die Bürger bluten, damit der Staat
neue Schulen und Straßen bauen kann? Die meisten
Ökonomen sind skeptisch – dem Land fehlt es nicht
an Abgaben, sondern an einem Steuersystem, das
Wachstum und Beschäftigung fördert.
Beck
Krankenhäuser in der Krise Seite 140
Während deutschlandweit Ärzte für mehr Gehalt
auf die Straße gehen, kämpfen viele Kranken-
häuser ums Überleben. Kürzere Liegezeiten und
ein neues Abrechnungssystem erzwingen einen
radikalen Wandel der Kliniklandschaft.
Wirtschaft
Trends: Bundesbank glaubt an höheres
Wachstum / VW-Chef weiter unter
Druck / Neuer Service an Geldautomaten
der Volks- und Raiffeisenbanken ...................... 87
Geld: Brasilianische Börse boomt / Etliche
neue Firmen drängen aufs Parkett .................... 89
Finanzpolitik: Wie viel Steuererhöhungen
verträgt die Bundesrepublik noch? ................... 90
Luftfahrt: Die Ungereimtheiten
im Börsenprospekt von Air Berlin ................... 94
Gesundheit: Niemand meldet sich so häufig
krank wie die Bediensteten des Bundes ............ 96
Hightech: Wie sich Südkorea als Vorreiter
von Innovationen ständig neu erfindet ........... 100
Lebensmittel: Warum in Sachsen-Anhalt
kontaminiertes Mineralwasser
im Handel bleibt ............................................. 104
Mediziner-Demonstration
In Südkorea ist die Zukunft schon Alltag S. 100
Kaum eine Industrienation hat
ihre wirtschaftliche Zukunft so eng
mit dem Internet verknüpft wie
Südkorea. Vehement treibt das
Land futuristische Großprojekte
voran – vom Handy-Fernsehen bis
zur Hightech-City. Der Wandel
vollzieht sich so schnell, dass die
Industrie bereits an die Grenzen
des Wachstums stößt.
Ausland
Panorama: Indiens Premier lehnt deutschen
Doktorhut ab / Frankreich bewahrt
den Tschad vor dem Chaos / US-Militär sucht
nach gestohlenen Geheimdaten ...................... 107
Energie: Avancen an den Turkmenbaschi ...... 110
Nepal: König Gyanendra kapituliert .............. 114
Großbritannien: Die Tories rüsten zum
Marsch in die Mitte ......................................... 116
Entwicklungshilfe: Versicherungsverträge
gegen Hungertod? .......................................... 120
Koreanische Hightech-Reklame
6
der spiegel
17/2006
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Terrorismus: Wie die Mutter des Islamisten
Moussaoui die Todessehnsucht ihres Sohnes
zu erklären versucht ....................................... 122
Expeditionen: Der geheimnisvolle Palast
der tibetischen Shang-Shung-Könige .............. 124
Global Village: Der Kampf eines sizilianischen
Bürgermeisters gegen die Mafia ...................... 130
Sport
Rekorde: Deutsche Leichtathleten
streiten um Bestleistungen aus der Zeit
des DDR-Staatsdopings .................................. 132
Sponsoring: Experten bezweifeln
die Wirkung der Reklame im Stadion ............. 134
Wissenschaft · Technik
Prisma: Nanoauto mit Motor /
Jungvögel hungern für den ersten Flug ........... 137
Krankenhäuser: Insolvenzen, Streiks und
leere Betten – Kliniken in der Krise ................ 140
Videospiele: Sony und Microsoft entdecken
Frauen und Großeltern als Zielgruppen .......... 148
Linguistik: Forscherstreit um
die absonderlichste Sprache der Welt ............. 150
Klima: Superrechner sagt Deutschlands
Zukunft voraus ............................................... 154
Tiere: Ein deutscher Biologe auf den Spuren
der Weißen Nashörner ................................... 156
Staatschef Nijasow bei der Einweihung einer turkmenischen Gaskompressorenstation
Deutsche Hilfe für einen Tyrannen Seite 110
Auf der Suche nach Erdgas macht der Westen dem Herrscher im rohstoffreichen Turk-
menistan Avancen. Doch Staatschef Nijasow schleust Exportgewinne an der Staatskasse
vorbei, mit Hilfe der Deutschen Bank – unverständlich, warum ein solches Institut „für
einen Tyrannen die Geldgeschäfte besorgt“, kritisiert die Organisation Global Witness.
Kultur
Szene: MTV-Sirene Sarah Kuttner und ihre
witzigen Zeitgeist-Kolumnen / Tilman Spengler
über den Neustart des „Kursbuchs“ ............... 159
Autoren: Oksana Robski, die böse Chronistin
des Moskauer Jet-Sets, über Luxus,
Kokain und Einsamkeit ................................... 162
Ausstellungen: Der französische
Milliardär François Pinault und sein
Museumspalazzo in Venedig ........................... 166
Literatur: Schriftsteller Thomas Brussig über
seinen tschechischen Kollegen Michal Viewegh
und dessen Roman „Völkerball“ ..................... 168
Bestseller ...................................................... 171
Film: Die Sommerkomödie „FC Venus“
zeigt Frauen am Fußball .................................. 172
Klassik: Die Geigerin Carolin Widmann ist mit
Gegenwartsmusik der neue Star der Szene ..... 174
Pop: Sänger Jochen Distelmeyer über die neue
Platte seiner Hamburger Band Blumfeld ......... 178
Mediterranes Deutschland Seite 154
Die bislang detaillierteste Klima-Simulation prophezeit der
Nation eine warme Zukunft, viel Regen im Winter und heiße,
trockene Sommer. Während Skihänge in den Alpen grün
bleiben, könnte der Ostsee-Tourismus vor einer Blüte stehen.
Badetourismus an der Ostsee
Ewige Rekorde Seite 132
Zu Zeiten des DDR-Dopings wurden in
vielen Sportarten Bestleistungen erzielt,
die bis heute unerreicht sind. Die Ex-
Sprinterin Ines Geipel will gerichtlich
erwirken, dass ihr mit Anabolikahilfe
aufgestellter Rekord aus den Annalen
gestrichen wird – und entfacht damit
den Zorn ehemaliger Kolleginnen.
Medien
Trends: Werbestreit zwischen Fifa und
Wirtschaft erreicht den
Bundesgerichtshof / Erstes deutsches
Fernsehmuseum vor dem Start ....................... 181
Fernsehen: Vorschau / Rückblick ................... 182
Nachrichtensender: Neue TV-Angreifer
wollen die globale Dominanz von CNN
und BBC brechen ........................................... 184
Presse: Die britischen Boulevardzeitungen
stimmen sich mit Verunglimpfungen
der Kanzlerin auf die Fußball-WM ein ............ 187
DDR-Olympiamannschaft (1980)
Liebesgrüße aus Moskau Seite 162
Mit ihrem bösen und erotischen Roman
„Babuschkas Töchter“ ist Oksana Robski
zur Chronistin von Putins neureicher Olig-
archen-Gesellschaft in Moskau geworden.
Sie schildert ein sinnloses Leben zwischen
Affären, Schießereien und Schönheits-
salons und singt das Loblied der Faulheit.
Briefe ................................................................ 8
Impressum, Leserservice ........................... 188
Chronik .......................................................... 189
Register ......................................................... 190
Personalien ................................................... 192
Hohlspiegel /Rückspiegel ........................... 194
Titelbild: Fotos Action Press, DDP
Robski
7
der spiegel 17/2006
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Briefe
Religionen. Am Fuße des Sinai auf den
Spuren Moses und der gemeinsamen Wur-
zeln der drei Weltreligionen pflanzten sie
einen Olivenbaum.
Berlin
„Du sollst überhaupt keine
Götter haben … Im Hinblick auf
die vergangenen Jahrtausende
Menschheitsgeschichte würde dieses
Gebot wohl am besten einem
friedlichen Miteinander dienen.“
Hannes Farlock
Warum „toben die Völker“? Eine Ursache
des Konflikts liegt meines Erachtens in
dem allen drei (Prophetie-)Religionen zu-
grundeliegenden Heilsgedanken des „Aus-
erwähltseins“. Dieser fördert natürliche
und ideologische Abgrenzung und somit
Gegensätze und Rivalitäten, die seit Jahr-
hunderten in ganz diesseitigen gewalt-
geprägten Auseinandersetzungen ausge-
tragen werden. Es stellt sich die Frage, wie
und durch wen eine (Rück-)Besinnung auf
gemeinsame ethische Grundlagen und
Werte zu schaffen ist. Hans Küngs „Projekt
Weltethos“ war ein Ansatz …
Ebersbach (Bad.-Württ.)
Manuel Marx aus Vellmar in Hessen zum Titel
„Du sollst nicht … Moses Zehn Gebote und die gemeinsamen
Wurzeln von Juden, Christen und Moslems“
SPIEGEL-Titel 16/2006
„Kampf der Kulturen“. Allerdings sollte
man Ihrem Artikel hinzufügen, dass das
erwähnte „Parlament der Religionen“ im-
merhin schon bis auf das Jahr 1893 und
vor allem Swami Vivekananda zurückgeht
und später von Hans Küng und anderen
klugen Köpfen als Idee und Institution auf-
genommen worden ist.
Minden (Nrdrh.-Westf.)
Jörg Bade
Pfarrer
Ganz diesseitig
Nr. 16/2006, Titel: Du sollst nicht … Moses
Zehn Gebote und die gemeinsamen
Wurzeln von Juden, Christen und Moslems
Michael Schwarz
Seit Rudolf Augstein im Himmel ist, übt er
offensichtlich einen positiven Einfluss auf
den SPIEGEL aus: Die Berichterstattung
über religiöse und kirch-
liche Themen ist nicht
weniger kritisch, aber
sachlicher und differen-
zierter geworden als zu
seinen Lebzeiten. Eine
Kernaussage der Titel-
geschichte wird auch
eine Kernaufgabe der
nächsten Jahrzehnte für
die drei großen mono-
theistischen Weltreligio-
nen Judentum, Chris-
tentum und Islam sein:
ihr gemeinsames so-
zialethisches Fundament
zu nutzen, um zur
Schaffung von Frieden
und Gerechtigkeit beizu-
tragen.
Oldenburg
Nur wenn kein Gläubiger mehr für sich
den Anspruch erhebt, im Besitz der allei-
nigen und absoluten Wahrheit zu sein, die
einzige echte Offenbarung Gottes erhalten
zu haben und damit den „wahren Glau-
ben“ zu vertreten, kann es vielleicht gelin-
gen, die verbreitete religiöse Intoleranz zu
bekämpfen. Solange dies nicht geschieht,
solange jeder zum anderen sagen kann, er
habe die falsche Religion, wird das Hauen
und Stechen zwangsläufig weitergehen.
Wiesbaden
Die „wärmende Glau-
bensgewissheit“, die die
Religionen darbieten,
scheint eine geistige Hei-
zung zu sein, die von
den züngelnden Flam-
men des Höllenfeuers
gespeist wird.
Nürnberg Oliver Seidl
Susen Gondek
Gegen Kants kategorischen Imperativ sind
die Zehn Gebote bis auf das fünfte und
das siebte lächerliche Phrasendrescherei
und das zehnte sogar menschenverach-
tend, wird meines Erachtens dort doch
Sklavenhaltung als rechtmäßig impliziert.
Sämtliche Religionen sind (abgesehen vom
relativ liberalen Buddhismus) nichts ande-
res als geschickt getarnte Unterdrückungs-
instrumente zur Festigung politischer
Macht- und Herrschaftsansprüche. Irgend-
wann wird sich zeigen, dass einzig der
Atheismus die Freiheit, Gleichheit und
Brüderlichkeit der Menschheit ermöglicht.
Siegen (Nrdrh.-Westf.)
Kurz vor Veröffentli-
chung der Titelgeschich-
te „Mose Superstar“
fand eine ungewöhnli-
che Expedition am Fuße
des Berges Sinai ihr
Ende. Vier Wochen lang
waren neun Juden, Chris-
ten und Muslime aus Is-
rael, Palästina, Afgha-
nistan, Iran, aus der
Ukraine und aus den
USA durch die Sahara gereist und hatten
versucht, ein weltweites Zeichen der Ver-
söhnung zu setzen. In einem alten Feuer-
wehr-Truck reisten sie 4500 Kilometer
durch die Entstehungsgebiete der drei
Jonas Höpken
Ihr Autor beschreibt die
Gesetzestafeln von Mose
als moralische Kehrt-
wende, die eine Zeit ab-
löste, in der nur das Recht des Stärkeren
galt. Das ist vielleicht eine gängige, aber
gleichzeitig eine äußerst einseitige Ge-
schichtsauffassung, der inzwischen viele
Wissenschaftler und besonders Wissen-
Prophet Mose*
Starke Gemeinsamkeiten
Michael Linden
Die Extremisten, Fanatiker und Politiker,
die ihre Religion als Arsenal des Hasses
missbrauchen, dürfen eben nicht den Er-
folg haben, dass – bei allen auszuhaltenden
Unterschieden – die starken Gemeinsam-
keiten zwischen den drei Weltreligionen
Judentum, Christentum und Islam in der
derzeitigen Weltgefechtslage untergehen.
Deshalb mache ich seit zweieinhalb Jahren
immer wieder ein Kleinkunstprogramm
unter der Überschrift „Der Himmel und
der Tellerrand“. Gut, dass Ihr SPIEGEL-
Titel zur Sache mehr Differenzierung bie-
tet als Samuel Huntingtons Rede vom
Vor 50 Jahren der spiegel vom 25. April 1956
Jens Daniel über „Die Angst vor dem Wechsel“ Ein Instinkt im Volk.
CDU-Parteitag in Stuttgart Die fetten Jahre sind vorbei. Abbau des
Stalin-Kults in der DDR Parteisekretär Ulbricht muss sich belehren lassen.
Streit um Ansprache vor Marine-Lehrkompanie Makel der Ex-Ober-
befehlshaber. Sowjetischer Staatsbesuch in Großbritannien Seebären
und Landratten. Mussolinis sterbliche Überreste Frevel in der Nacht.
Auf den Spuren von Dostojewski Zahlreiche Details.
Diese Artikel sind im Internet abzurufen unter www.spiegel.de
oder im Original-Heft unter Tel. 08106-6604 zu erwerben.
Titel: Großbritanniens Schatzkanzler Harold Macmillan
* Szene aus dem Film „Die Zehn Gebote“, mit Charlton
Heston, 1956.
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