der spiegel maj 2008 - das Boese nebenan.pdf

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Das Böse nebenan
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DAS DEUTSCHE NACHRICHTEN-MAGAZIN
Hausmitteilung
5. Mai 2008
Betr.: Afghanistan, SPIEGEL-Gespräch, Enzyklopädie
A uch für krisenerfahrene Journalisten ist es nicht einfach, gut getarnte Fallen zu
erkennen. Nissam Udin, Kriegsherr in der afghanischen Provinz Wardak und im
Sommer 2007 Entführer der deutschen Ingenieure Rudolf Blechschmidt und Rüdiger
Diedrich, ließ SPIEGEL-ONLINE-Redakteur Matthias Gebauer, 33, und dessen afgha-
nischem Mitarbeiter Shoib Najafizada, 23, eine Nachricht zukommen: Nun, Monate
nach dem Geiseldrama, bei dem Diedrich ermordet wurde, sei er bereit, mit den
Reportern zu sprechen. Ganz geheuer war Gebauer die plötzliche Offenheit Nissams
nicht, und so machte sich Najafizada ohne ihn, mit einem einheimischen Kameramann,
auf den Weg zu Nissams Versteck in den Bergen. Das Misstrauen war wohl berechtigt.
„Warum habt ihr den Fremden nicht mitgebracht?“, fragte Nissam seine Gäste, auf
Gebauer gemünzt. Unumwunden gab er zu, ein Versteck für eine neue Geisel ein-
gerichtet zu haben. Gebauer und sein Berliner Kollege Holger Stark, 37, zeichnen in
diesem Heft die Geiselnahme der Ingenieure nach und beschreiben, warum deutsche
Fahnder mit ihrer Suche nach Nissam kaum Erfolg haben können (Seite 30).
des Holocaust, wurde der Staat Israel ge-
gründet, und wie unterschiedlich die Weltsicht
seiner Bürger ist, erfuhren die Redakteure
Martin Doerry, 52, und Christoph Schult, 36, in
Tel Aviv beim SPIEGEL-Gespräch mit der Fa-
milie Lapid. Der frühere Vizepremier Tommi
Lapid, 76, überlebte den Holocaust im jüdi-
schen Ghetto von Budapest, aber er hat seinen
Frieden mit Deutschland gefunden. Allein: Ein
deutsches Auto würde er „niemals kaufen“.
Seine Frau Schulamit, 73, eine auch in Deutschland bekannte Krimi-Autorin, ist zwar
einmal in die Bundesrepublik gereist, kann dem Volk der Täter aber „nicht so verzei-
hen, wie mein Mann es kann“, und will „nie wieder dorthin fahren“. Sohn Jair, 44, ein
prominenter TV-Talkmaster, pflegt einen eher pragmatischen Umgang mit Deutsch-
land: Er ist dort gern zu Gast und fährt „begeistert BMW“. Tommi Lapid zog eine
positive Bilanz der Zeit seit der Staatsgründung, mit einer Einschränkung: Israel habe
es nicht geschafft, „das Land für die Juden sicherer zu machen“ (Seite 128).
Doerry, Familie Lapid, Schult
den Menschen bekannt, und der emeritierte Harvard-
Professor Edward Wilson, 79, darf den Anspruch erheben,
sich in der Welt der kleinen Krabbler so auszukennen
wie niemand sonst. In seinem Büro an der Harvard-Uni-
versität in Cambridge berichtete der Ameisenforscher
SPIEGEL-Redakteurin Samiha Shafy, 28, nun über ein
neues Projekt: eine Enzyklopädie des Lebens, in der Wis-
senschaftler für jede der rund 1,8 Millionen Tierarten der
Erde eine eigene Website einrichten. Die ersten 30 000 Sei-
ten stehen seit Februar im Internet, und es überrascht
nicht, dass Wilson sich um die Ameisen persönlich kümmert. Als er zwei Stunden lang
Shafys Fragen beantwortet hatte, fühlte er sich „erschöpft“, aber doch kraftvoll genug
für eine Offerte: „Darf ich Ihnen jetzt meine Ameisensammlung zeigen?“ (Seite 156)
E twa 14 000 verschiedene Spezies der Ameisen sind
Wilson, Shafy
Die nächste SPIEGEL-Ausgabe wird wegen der Pfingstfeiertage bereits
am Samstag, dem 10. Mai, verkauft und den Abonnenten zugestellt.
Im Internet: www.spiegel.de
der spiegel
19/2008
5
V or 60 Jahren, drei Jahre nach dem Ende
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In diesem Heft
Titel
Österreichs Inzest-Skandal – Entsetzen über
das Horrorverlies von Amstetten ..................... 54
Wie Inzest-Opfer mit den Folgen des
Missbrauchs weiterleben können ...................... 62
Die Suche nach dem Bösen im Menschen ........ 64
CSU: Führungsduo unter Druck Seite 24
Schlechte Umfragewerte setzen
das Führungsduo der CSU
unter Druck. Während sich Mi-
nisterpräsident Günther Beck-
stein auf seine Rolle als freund-
licher Landesvater zurück-
ziehen kann, muss Parteichef
Erwin Huber bundespolitisches
Format beweisen. Doch seine
Vorstöße, wie aktuell für eine
Steuerreform, laufen bei der
Schwesterpartei CDU ins Lee-
re. Schon lauert Rivale Horst
Seehofer auf eine Ablösung
Hubers.
Deutschland
Panorama: CDU-Fraktion will
Raketenschirm für Europa / SPD-Politiker
fordern Linksschwenk / Schily hört auf ............ 17
CSU: Die bayerischen Christsozialen
auf dem Weg zur Regionalpartei ...................... 24
Rüstung: Kostenexplosion beim transatlan-
tischen Raketenabwehrprojekt „Meads“ .......... 28
Geiselnehmer: Der afghanische
Kriegsherr Mullah Nissam rühmt sich
der Entführung zweier Deutscher ..................... 30
Karrieren: Wie die Große Koalition um
Posten schachert ............................................... 33
Verschwendung: Millionenlöcher bei
der Sportförderung .......................................... 34
Berlin: Wie Finanzsenator Thilo Sarrazin
seine Narrenfreiheit verteidigt ......................... 46
Gesundheit: Das mitunter tödliche Geschäft
mit untauglichen Medizinprodukten ................ 48
Fahnder: Mysteriöser Maya-Schatz beschäftigt
bayerische Zöllner ............................................ 53
Beckstein, Huber
Autoritäre Systeme holen auf
Seite 38
Nach dem Zusammenbruch des Kommunis-
mus in Europa schien die Demokratie über
alle anderen Staatsformen gesiegt zu haben.
Inzwischen registrieren Experten jedoch ei-
nen weltweiten Rückgang politischer Rechte
und bürgerlicher Freiheiten: Autoritäre Sys-
teme holen auf und gewinnen an Einfluss. In
einer Serie, beginnend mit dem Blick ins Aus-
land, analysiert der SPIEGEL Gegenwart und
Zukunft der Demokratie.
SPIEGEL-SERIE
Serie
Die Zukunft der Demokratie (I):
Der weltweite Erfolgszug autoritärer Systeme ... 38
Gesellschaft
Szene: Nonnentracht auf dem Laufsteg /
In welchem Alter wird aus dem Du das Sie? .... 77
Eine Meldung und ihre Geschichte –
über einen Bürgermeister, der
seine Besuche bei einem Callboy mit
Steuergeldern bezahlte ..................................... 78
Kirche: Feindbild der Liberalen, Bollwerk
der Konservativen – die Provokationen des
Kölner Kardinals Joachim Meisner ................... 80
Ortstermin: Roman Herzog und der
Konvent für Deutschland –
die letzten Reformer Deutschlands? ................. 86
Wähler in Bhutan
Tödliche Medizintechnik Seite 48
Neue Hüftgelenke, Roboter oder Spritzen: Medizinprodukte sollen den Menschen das
Leben erleichtern. Aber viele dieser Neuheiten schaden mehr, als sie helfen. Es gibt
ungeklärte Todesfälle, und die zuständige Bundesbehörde schaut hilflos zu.
Wirtschaft
Trends: EU will mehr Mitsprache bei
Finanzpolitik / Lidl büßt / Siemens-Fahnder
machen Druck .................................................. 88
Unternehmen: Die Deutsche Telekom
bereitet in den USA
einen Befreiungsschlag vor ............................... 90
Automobilindustrie: Interview mit
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh über
seinen Streit mit Porsche .................................. 92
Nahrungsmittel: Dramatisch steigende
Soja-Preise bedrohen
Europas Fleischwirtschaft ................................. 99
Arbeitsmarkt: Die Koalition
plant bei der Altersteilzeit den Ausstieg
aus dem Ausstieg ............................................ 100
Verbraucherschutz: Viele Prüfsiegel dienen
nur der Unternehmenskosmetik ..................... 102
Zwei Frauen, eine Zielgruppe Seite 110
Was haben der Hochglanz-Star Heidi
Klum mit dem TV-Zirkus „Germany’s
Next Topmodel“ und Charlotte Roche
mit ihrem Schmuddelbuch „Feucht-
gebiete“ gemeinsam? Beide sind die
aktuell wohl erfolgreichsten Medien-
frauen. Und beide haben vor allem
eine Zielgruppe erobert: junge Frauen.
Eigentlich gilt Roche als feministisches
Gegenprogramm zum naiven Klum-
Kosmos. Tatsächlich aber liefern beide,
die ehemalige Viva-Moderatorin und
das Starmodel, nur perfekte Unter-
haltung.
Medien
Trends: Interview mit Vox-Chef Frank
Hoffmann über seine jüngsten Programm-Flops /
ARD-Intendanten wollen Schicksal
der Talkrunde von Anne Will erst nach
der Sommerpause entscheiden ....................... 105
Fernsehen: Vorschau / Rückblick ................... 106
Klum
Roche
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Zuschauer: Wie ARD und ZDF jüngeres
Publikum anlocken möchten .......................... 108
Frauen: Heidi Klum und
Charlotte Roche – zwei Medienphänomene,
ein Erklärungsversuch ..................................... 110
Fritzl, Tathaus im österreichischen Amstetten
AP (L.); SIMON / GETTY IMAGES (R.)
Ausland
Panorama: Liquidierung eines Qaida-
Chefs in Somalia / Massengräber in Kaschmir /
Wahlpleite für Premier Brown ........................ 115
USA: Obamas wütender Pastor ....................... 118
Russland: Machtkampf nach
der Machtübergabe? ....................................... 120
Türkei: Aufmarsch der neuen Linken ............. 122
Serbien: Europa wirbt um
Belgrads Radikale ........................................... 124
Israel: Der Holocaust-Überlebende Tommi
Lapid, die Schriftstellerin Schulamit Lapid
und ihr Sohn, der TV-Star Jair Lapid, über
ihr Leben im 60 Jahre alten Judenstaat .......... 128
Global Village: Warum Fisch die Krise im
Hungerland Somalia beheben könnte ............. 134
Das Schreckensregime des Josef Fritzl S. 54, 62, 64
Belogen, betrogen und missbraucht – erst die Aussagen seiner aus ihrem Kellerver-
lies befreiten Tochter zeigen die ganze Ungeheuerlichkeit, mit der Josef Fritzl seine
Familie tyrannisierte. Nun versuchen Experten, die Motive des Täters zu ergründen.
Sport
Szene: Stasi-Akte über Jan Ullrichs
Masseur / Tierversuche zur Dopingforschung
auf dem Mount Everest .................................. 137
Olympia: SPIEGEL-Gespräch mit Adidas-
Chef Herbert Hainer über das Sponsoring in
Peking und chinesische Sicherheitsleute
in Drei-Streifen-Schuhen ................................. 138
Das Dilemma der großen Olympia-Geldgeber ... 142
Bollwerk gegen die Flut Seite 148
Das von Überschwemmungen heimgesuchte Bangla-
desch gilt als eines der Hauptopfer des Klimawandels
– dabei könnte das Land sogar noch wachsen: Nieder-
ländische Wasserbauingenieure lassen mit Deichen und
Poldern derzeit neue Inseln und Felder entstehen. Ihr
größter Gegner ist nicht die Flut, sondern das politische
Chaos in dem Entwicklungsland.
Flutopfer in Bangladesch
Wissenschaft · Technik
Prisma: Unheimliche Erdbebenserie in Nevada /
Schrottpresse für Neuwagen ........................... 145
Umwelt: Wachsendes Land – wie Bangladesch
sich gegen den Klimawandel wappnet ............ 148
Motorräder: Die wilden Maschinen der
österreichischen Krawallmarke KTM .............. 152
Biologie: Im Internet entsteht eine Inventur
des Lebens ...................................................... 156
Erfindungen: Eine neuartige Roboterrüstung
verleiht ihrem Träger Superkräfte ................... 158
Schädelklau am Musenhof?
Seite 164
Kultur
Szene: Die Sinatra-Tochter Tina über
das neue Album mit einem unveröffentlichten
Song ihres Vaters / Michel Houellebecqs
Mutter rechnet ab ............................................ 161
Legenden: Das Rätsel um Schillers Schädel
in der Weimarer Fürstengruft ist gelöst ........... 164
Bestseller ...................................................... 170
Literatur: Siegfried Lenz erzählt in seiner
neuen Novelle „Schweigeminute“ von der Liebe
zwischen einem Schüler und seiner Lehrerin ... 172
Bayreuth: Wolfgang Wagners Rücktritt –
ein epochaler Einschnitt in
der Geschichte der Festspiele .......................... 174
Zeitgeschichte: SPIEGEL-Gespräch mit
dem amerikanischen Schriftsteller Nicholson
Baker über „Human Smoke“, seine
umstrittene Chronik des Zweiten Weltkriegs ... 176
Nahaufnahme: Wie der Bariton
und Netrebko-Verlobte Erwin Schrott
den ständigen Verführer gibt .......................... 182
Seit 150 Jahren wird um die Echt-
heit von Schillers Gebeinen in der
Weimarer Fürstengruft gestritten.
Nun rekonstruiert ein internationa-
les Team von DNA-Experten und
Gerichtsmedizinern das Erbgut des
Poeten und beweist: Der Schädel
im Schiller-Sarg stammt nicht vom
Dichterfürsten. Haben Schädeljäger
das Haupt gestohlen und durch das
eines Doppelgängers ersetzt?
Schiller
Fürstengruft-Schädel
Ende einer Ära in Bayreuth Seite 174
Nach dem Rücktritt Wolfgang Wagners gilt die Wahl
seiner Töchter Eva und Katharina zu neuen Leitern der
Bayreuther Festspiele als ausgemacht. Unklar ist dage-
gen noch, wie die künstlerische Zukunft aussehen soll.
Briefe ................................................................ 8
Impressum, Leserservice ........................... 184
Register ......................................................... 186
Personalien ................................................... 188
Hohlspiegel /Rückspiegel ........................... 190
Titelbild: Foto Johannes Simon / Getty Images
Katharina Wagner, Vater Wolfgang
der spiegel
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Briefe
„Ihr Titel bringt es auf den Punkt:
Der Massenware Bachelor/Master mangelt
es an Kreativität. Gerade sie ist eine
der wichtigsten Voraussetzungen für die
Innovationsfähigkeit des Noch-Hightech-
Standorts Deutschland. Wir sind
auf einem guten Weg, unsere Wettbewerbs-
vorteile zu verlieren.“
und insgesamt ein Angebot wie an kaum ei-
ner deutschen Universität. Ein kleiner Feh-
ler scheint sich jedoch eingeschlichen zu
haben: Auch die deutschen Studenten in
Maastricht wissen, wie man feiert.
Maastricht
Daniel Chorzelski
Das hier skizzierte Bild der Universitäts-
(Aus-)bildung kann ich aus Dozentensicht
nur bestätigen. Allerdings überwiegen bei
mir doch eher die negativen Seiten: Die
Studenten sehen ihr Studium nur noch als
Ware an (häufiges Zitat: „ … aber ich zah-
le doch Studiengebühren dafür“), und es
geht nicht mehr darum, irgendwelche The-
mengebiete zu verstehen, geschweige denn
zu durchdringen, sondern es geht nur noch
darum, die nächste Klausur zu bestehen
(weiteres häufiges Zitat: „Ist das jetzt wirk-
lich klausurrelevant?“). Es ist ja auch zum
Teil nachvollziehbar: Die Klausur muss so-
bald wie möglich abgearbeitet werden, um
bloß kein Semester zu verlieren und außer-
dem nicht weitere Studiengebühren zu
zahlen. Da ist es doch nur hinderlich und
zu zeitaufwendig, noch auf wirkliches Ver-
ständnis zu lernen. Und spätestens an die-
ser Stelle wird es auch für die Unterneh-
men, die ja momentan noch frohlocken,
ein böses Erwachen geben: Die Studenten
werden mit schlechteren Eingangsvoraus-
setzungen in den Beruf kommen als bisher!
Leverkusen
SPIEGEL-Titel 18/2008
Roland Rübsam aus Essen zum Titel
„Reformchaos: Hochschulen werden zu Lernfabriken – Die Turbo-Uni“
Pauken, pauken, pauken
Nr. 18/2008, Titel: Reformchaos: Hochschulen werden
zu Lernfabriken – Die Turbo-Uni
Erst wenn die letzte „Reform“ des Schul-
wesens, der Universitäten und der For-
schung durchgeführt wurde, werden alle
erkennen, dass die Deutschen einst schlau-
er waren als manche ihrer Nachbarn. Wir
werden uns im Bildungsallerlei Europas
wiederfinden und unseren letzten Trumpf
in der Globalisierung verzockt haben. Un-
ser Bildungssystem, das uns über hundert
Sie zeigen richtig auf, dass die beiden Zie-
le des Bologna-Projekts – Verringerung der
Quoten der Studienabbrecher und die eu-
ropäische Vereinheitlichung der Abschlüs-
se – bisher paradoxerweise nicht erreicht
wurden. Es scheint mir aber wahrschein-
lich, dass sie bald erreicht werden. Die Fra-
ge ist jedoch gar nicht, ob diese Ziele
durchführbar sind, sondern was überhaupt
angestrebt wird. Soll eine politische Einheit
Europas über die Universitäten herbeige-
führt werden? Dieses idealistisch gefärbte
Ziel legt man uns nahe. Im Hintergrund
wirken jedoch andere Kräfte, die sich der
Kontrolle entziehen, jedoch bereits Teile
der Zukunft kontrollieren. Es besteht
Nachfrage nach Absolventen, die nicht ge-
lernt haben, selbständig zu lernen, und die
dafür belohnt werden.
Hannover
Holger Stawitz
Studenten der Universität Magdeburg
Von Humboldt längst verabschiedet?
Der Bachelor-Abschluss soll nun statt auf
Forschung auf die Berufsausübung vorbe-
reiten? Doch wie soll dies ohne Mithilfe
von Unternehmen bei der Modulkonzep-
tion der neuen Studienabschlüsse funktio-
nieren? Fachhochschulen sind für diese
Aufgabe besser gewappnet. Aufgrund der
strengen Prüfungsordnungen nimmt das In-
teresse von Studierenden der neuen
Bachelor-/Masterstudiengänge an einem
Auslandsaufenthalt überdies eher ab als zu.
Nürnberg
Prof. Dr. Bernhard Taureck
Jahre geholfen hat, trotz der langen Aus-
bildung und den langen Urlaubszeiten die
Weltwirtschaft und Weltforschung anzu-
treiben, wird dann den naiven Bildungs-
vorstellungen einer Erdsiek-Rave und eines
Ackermanns geopfert sein. Diese werden
ihrem Nachwuchs auf „Elite“-Universitä-
ten im Ausland den nötigen Schliff geben.
Eckernförde (Schl.-Holst.)
Die Hochschulen haben sich von Humboldt
längst verabschiedet. Der kritisch-reflexive
Mensch ist nicht mehr gefragt, gesucht wird
nach dem flexiblen, „funktionierenden“
und „formbaren“ Typus. Dass sich genau
ein solcher Typus besonders in autoritären
Regimen finden lässt, beunruhigt offen-
sichtlich keinen mehr in Deutschland. Frei-
heit und Zeit sind der Boden, auf dem Bil-
dung gedeiht. Erstere, um sich seinen In-
teressen widmen zu können, Letztere, um
der Sache auf den Grund zu gehen.
Feldkirch (Österreich)
Wilfried Sippel
Axel Banasch
Ich bin mit dem Bachelor-Studium größ-
tenteils zufrieden. Aufgrund der interna-
tionalen Ausrichtung meines BWL-Stu-
diengangs, das fachliche Vorlesungen in
englischer Sprache und weiteren Sprachen
offerierte, ein Auslandssemester und obli-
gatorische Praktika vorsah, glaube ich, gut
für den Arbeitsmarkt aufgestellt zu sein.
Euskirchen (Nrdrh.-Westf.) Sebastian Jacobs
Markus Wohlrab
Auch ich bin einer der vielen deutschen
Wirtschaftsstudenten an der Uni Maas-
tricht. Ihrer Darstellung kann ich in fast al-
len Punkten zustimmen: kleine Lerngrup-
pen, großzügig renovierte Einrichtungen
Der grundsätzlich begrüßenswerte Re-
formgedanke wird in der Praxis nicht sel-
ten durch Überbürokratisierung, fehlende
Steuerungsmöglichkeiten sowie durch eine
unnötige Gleichmacherei der Studieren-
den in ihrem Lernverhalten konterkariert.
Das ist bedauerlich und führt unweigerlich
zu der Frage, ob eine Gesellschaft die
flächendeckende Konzentration auf die
Studenten-Fabriken wirklich braucht. Ich
glaube das in dieser Absolutheit nicht.
Marburg
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• Titel Verbrechen – Handeln Straftäter wie Georg Fritzl
aus freiem Willen? www.spiegel.de/forum/Verbrechen
• Christentum Wie gefährlich sind Deutschlands evangeli-
kale Gruppen? www.spiegel.de/forum/Christentum
• Weltkrise Hunger Wer ist schuld an den hohen Nah-
rungsmittelpreisen? www.spiegel.de/forum/Hunger
Prof. Dr. Frank G. Königs
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Zgłoś jeśli naruszono regulamin