Eisenbahn Journal 2002-06.pdf

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EJ 6/2002
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Stellen Sie sich vor, die Bundesregierung käme auf die Idee, für das
Befahren besonders schlechter Straßen eine Maut zu verlangen – je
mehr Schlaglöcher, umso höher. Begründung: Leider habe das Geld
in den letzten Jahrzehnten nur für punktuelle Reparaturen gelangt,
nun aber müsse die Straße grundsaniert werden. Sie würden sich
wohl über derlei Abzocke ärgern und die Regierung bei nächster
Gelegenheit abwählen, zumal sie Ihnen nicht sagen kann, bis wann
genau die Straße saniert ist und was das am Ende kostet.
Bei der Bahn heißt die schon lange erhobene Maut Trassenpreis.
Und der soll nun nach dem aberwitzigen Prinzip steigen: Je maroder
die Strecke, desto mehr kostet der Zugkilometer. Darauf läuft die
angekündigte Einführung von Regionalfaktoren für den Schienen-
personennahverkehr (SPNV) hinaus.
Mit zusätzlichen Einnahmen will die DB Netz AG Strecken in der
Fläche modernisieren und so deren Erhalt sichern – beteuert sie
jedenfalls. Deshalb verlangt sie auf regionalen Netzen ab 1. Januar
2003 ein Trassenentgelt, das mit Faktoren zwischen 1,1 und 2,45
multipliziert wird. Im Extremfall steigt der Trassenpreis somit auf
mehr als das Doppelte an.
Zur Kasse gebeten werden die Bundesländer. Deren Regionalisie-
rungsmittel indes will der Bund auf jährlich 6,54 Milliarden Euro
einfrieren, was nach Ansicht der Länder nicht einmal reicht, den
SPNV zu den bisherigen Konditionen in vollem Umfang aufrecht zu
erhalten. Nun treiben die Regionalfaktoren die Trassenpreise derart
in die Höhe, dass vielen Strecken die Abbestellung des SPNV –
letztlich also die Stilllegung – droht.
Die DB Netz AG weist den Vorwurf, sie habe „die Fläche“ vernach-
lässigt, zurück. Die jahrzehntelang zu knappen Finanzmittel hätten
für eine Modernisierung der Infrastruktur nicht ausgereicht. Die
Kostenunterdeckung resultiere zum einen aus der geringen Zugfre-
quenz, zum anderen aus dem aufgrund veralteter Technik zu hohen
Betriebsführungs- und Instandhaltungsaufwand. Nun sei das
finanzielle Defizit mit Hilfe der Regionalfaktoren zu beseitigen.
Außerdem erwartet die Deutsche Bahn Rationalisierungseffekte
durch die Organisation der zusammen 14 000 Kilometer langen
Regionalnetze als „mittelständische Profitcenter“.
Wirtschaftlichere Organisations- und Betriebsformen sind erklärtes
Ziel des vor zwei Jahren vorgestellten Projekts zur marktorientierten
Regionalnetzentwicklung (Regent). Die Auswahl der mit Regional-
faktoren belegten Strecken lehnt sich an die damals vorgenommene
Netzeinteilung an – darunter viele Strecken, auf denen bereits
Konkurrenten der DB Regio AG fahren oder fahren wollen.
Bundesweit sollen für 43 Netze sowie für die sächsischen Schmal-
spurbahnen Regionalfaktoren gelten. Letztere stuft die DB Netz AG
als besonders kostenintensiv ein und belegt sie deshalb mit dem
Faktor 2,37. Das neuerdings als Erzgebirgsbahn bezeichnete
Erzgebirge-Netz erhält gar den Faktor 2,45. Andererseits fällt das
fast vollständige Fehlen von Trassenpreiszuschlägen in Baden-
Württemberg auf.
Übrigens sind auch für Strecken, auf denen heute gar keine Reisezü-
ge fahren, hohe Regionalfaktoren vorgesehen – nicht gerade eine
Motivation, den Personenverkehr zu reaktivieren. Doch aufgepasst:
„En gros“ macht es DB Netz billiger, dann nämlich, wenn die
Länder pauschal viele Zugkilometer bestellen – am besten gleich
durch Verträge mit DB Regio. Der Verdacht, die beiden verbandel-
ten Gesellschaften könnten die Regionalfaktoren als Druckmittel
benutzen, um die Konkurrenz auszubooten, drängt sich auf. (Siehe
auch Bahn-Notizen.)
Eisenbahn-Geschichte: Speisen im Zug – Speisewagen und Bahnsteig-
service, von Konrad Koschinski, ab Seite 10
Glanzzeiten einer InterCity-Legende:
103 – Bundesbahn pur
6
Eisenbahn und Gastronomie:
Bewegtes Speisen
10
Die besonderen Schnellzug-Dampflokomotiven:
Hochgestellte ...
18
125 Jahre Neustadt–Bad Schandau:
Auf Zukunfts-Kurs
20
Fotomotiv Hindenburgdamm:
Freilicht-Bühne
24
Dampflok-Episoden:
Damals in Hagen
28
Ellok-Report Österreich:
Generations-Wechsel
30
Geheimtipp für Hartgesottene:
Dampfreservate in Bosnien
36
Titel: Was Eisenbahn wirklich einmal war, ist auf diesem Schaustück
von Brawa ausschnittsweise zu erkennen – Ruß, Männer in Schwarz
und viel Betrieb. Mehr im Beitrag ab Seite 56. Abb.: EJ-Helge Scholz
Super-Anlagenstück: Bw-Atmosphäre pur auf einem Brawa-Diorama,
beschrieben von Helge Scholz, ab Seite 56
Konrad Koschinski
EJ-Autor
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Fotomotiv E 03: Bundesbahn pur – Glanzzeiten einer InterCity-Legende,
von Joachim Seyferth, ab Seite 6
Aus der Sicht eines Lokführers: Hindenburgdamm-Jubiläum einmal
anders, von Volker Siewke, ab Seite 24
H0-Modell der Pfälzischen P 3 II von Micro Metakit:
High-Tech-Flop der Prinzregentenzeit
52
Bahn-Notizen
39
Modell-Neuheiten
48
Die II K alt von Bemo
54
Neues H0-Ausstellungsdiorama von Brawa:
Die Rast der „06“
Mini-Markt
94
56
Auktionen • Börsen • Märkte
101
7. EJ-Modellbau-Wettbewerb: Im Biergarten
62
Erfahrungen beim Bau einer Z-Großanlage (1. Teil):
Wie aus einem „H0-ler“ ein „Z-ler“ wurde
Fachhändler-Adressen
104
66
Impressum
106
Durch Wald und Feld entlang der Wand
70
Sonderfahrten und Veranstaltungen
108
Neues für 0e
72
Anlagenplanung: Nürnberger Vorort-Fahrten
74
Neue Bücher
109
Mach’ mehr aus Deinem Bausatz:
Grabsteinhandel Otto Hart 80
Brekina-Modell mit Faller-Car-System: Großraumtaxi 82
Serie „Schmiedeberg 1924“, 8. Teil: Landschaftsgestaltung 84
H0-Eigenbau der E 44.5 auf Roco- und Piko-Basis:
Die gibt’s doch ... noch nicht!
Typenblatt:
Baureihe 41/042, Güterzuglokomotive, DB
111
90
Abbildungen dieser Doppelseite:
Sammlung Gottwaldt, Joachim Seyferth, Volker Siewke,
EJ-Helge Scholz, Harald Winter-Minkoley, Martin Brendel
Basteltipps: Mehr Zugkraft durch Moosgummi
93
Anlagenplanung: H0-Anlage nach Nürnberger Vorortmotiven,
von Harald Winter-Minkoley, ab Seite 74
Anlagenbau: Landschaftgestaltung und Farbfinish in Schmiedeberg,
von Martin Brendel, ab Seite 84
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Ein imposantes Werbeobjekt: die 103 zu Bundesbahn-Zeiten. Und zeitlos schön – wie manche befahrene Route (Linke Rheinstrecke).
DER PFEILSCHNELLE SECHSACHSER, der mit
Tempo 200 den Weg in das Hochgeschwindigkeitszeital-
ter ebnete, ist Deutsche Bundesbahn pur – für die
DB AG, die sich längst mit anderen Vorzeigezügen und -
lokomotiven schmückt, ist die Hundertdrei nur noch ein
Erbe auf Zeit. Und weil eine stündliche Begegnung mit
ihr längst der Vergangenheit angehört, dreht man sich
heute selbst nach der verwahrlosten „neuroten“ Latz-103
um und wundert sich nur, dass die Maschinen nach
jahrzehntelanger Schwerstarbeit immer noch dem
drohenden Schneidbrenner davonfahren. Schon oder erst
ein Vierteljahrhundert ist es her, da verfolgte einen die
InterCity-Legende nicht nur ständig in natura, sondern
auch als stolzes Werbeobjekt in den einschlägigen DB-
Publikationen und Plakaten sowie als großes Plastikmo-
dell hinter den Schaufenstern der Reisebüros. Überall
streckte sie unsereins ihre rot-gelbe Nase entgegen und
die jugendliche Begeisterung in der Postille „DB mit
Pfiff“ nahm bereits grotesk-satirische Züge an:
„Sssssssssttt... – nanu, hab’ ich Milch im Hut? War das
nicht der neue Vollblut-Sprinter mit den 12 000 Stärken?!!!“
In der Tat war die 20-Meter-Lokomotive eine imposante
Erscheinung: mit zwei tonnenschweren und wuchtigen
dreiachsigen Drehgestellen im gesamten unteren Bereich
sowie einem dynamisch-windschnittigen Kastenaufbau
wirkte sie ähnlich androgyn wie das spätere Güterver-
kehrs-Pendant 151, sie verkörperte bullige Kraft und
Eleganz zugleich. Kamen die vier Vorserienmaschinen
noch etwas abgespeckt daher, so erhielten die Serienma-
schinen durch die verdoppelte Lüfterreihe und die tief
heruntergezogenen Frontschürzen ihre optische Vollaus-
stattung, was die eigentlich schlanke Lok nicht nur zu
ebenso dynamischen Weitwinkelansichten, sondern
ebenso zu komprimiert-markanten Teleaufnahmen
prädestinierte. Überhaupt erhielt die 103 für lange Zeit als
letzte DB-Lokomotive ein rundliches Design, was
allerdings auch vom Windkanal diktiert wurde – damals
waren 160 km/h mit dem TEE erst der Anfang! Danach
kam nur noch relativ Eckiges wie die Baureihen 151, 181,
184, 111 oder 120. Erst der ICE, Regionaltriebwagen der
heutigen Generation (Talent etc.) und die 182 bekommen
im Rahmen geschichtlicher Wellenbewegungen, die
natürlich auch vor Design und Formgebung nicht Halt
machen, wieder markante Rundungen. Auf der techni-
schen Ebene sind die sechs Achsen der 103 allerdings
Geschichte, denn Oberbau-Experten meldeten zunehmend
Bedenken wegen erhöhtem Schienen- und Radsatz-
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