Eisenbahn Journal 1995-07.pdf

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Inhalt
Editorial
Rapide nähert sich die kreative Phase der Modelleisenbahner ih-
rem alljährlichen Tiefpunkt. Frischluft, Faulenzen & Ferien heißt
nun die Devise. Dagegen klingen Bohren, Bauen und Bastelkeller
wie ein dünnes Echo aus halb vergessenen, grau-naßkalten Tagen.
Die Modellbahn-Herstellerfirmen haben ihren Produktionsrhyth-
mus ans Kundenverhalten angepaßt: Wer nicht ohnehin Werksfe-
rien ausgerufen hat, legt noch rasch letzte Hand an die Neuheiten
von Nürnberg. Schneller als derzeit vorstellbar, werden ja schon
bald wieder die Weihnachtskassen klingeln. Das Nachsehen ha-
ben alle, die antizyklisch denken und jetzt mit dem Bau einer
Anlage beginnen wollen. Sie werden Mühe haben, genügend Gleis-
material aufzutreiben. Wer leer ausgeht, braucht unter Umstän-
den einen langen Atem. Bei Märklin beispielsweise rutschen erst
im September wieder Gleise und Weichen vom Band.
Sollten Sie trotz des herstellerseitig verordneten Baustopps das
Basteln nicht ganz lassen wollen, haben wir einen Tip für Sie: Das
brandneue EJ-Lokpuzzle für den PC, vier brillante Eisenbahn-
Farbfotos von Jürgen Nelkenbrecher auf 3,5-Zoll-Diskette, elektro-
nisch wahlweise in 20 oder 42 Puzzleteile zerlegbar - "basteln
light" für Arbeitsplatz oder Heimcomputer! Der Spaß kostet kühle
29,90 Mark und wird weltweit exklusiv nur beim Hermann Mer-
ker Verlag vertrieben.
Heiß her geht es diesen Sommer bei der Deutschen Bahn - aller-
dings auf ganz spezielle Art. Zwar wurde in Ingolstadt eine Ca.
20 km lange Umfahrungsstrecke eröffnet, die dort den Betrieb
wesentlich erleichtert; doch im ehemaligen DR-Netz hat pünktlich
zum Sommerfahrplan das große Streckensterben begonnen (siehe
unseren Bericht S. 20). Vermutlich nur das traurige Vorspiel zum
großen Regionalisierungs-Drama, das ab 1. Januar 1996 auf dem
Bahn-Programm steht. Titel des im Westen bereits recht abgenu-
delten Streifens: "Spiel mir das Lied vom (Strecken-)Tod. Regie:
Bahn-Chef Heinz Dürr, Produktion: die Finanzminister der Län-
der. Wohl wird da und dort nur die Todesmelodie für eine längst
vom Straßenverkehr überrollte Bahn-Leiche erklingen. Doch si-
cher wäre es bei so mancher Verbindung mit etwas politischem
Willen und (freilich oft mehr als nur) einer Handvoll Mark mög-
lich, attraktiven Schienenverkehr anzubieten und so die Strecke zu
erhalten. Die schwäbische Wieslauftalbahn zeigt, wie's geht.
Apropos "zu erhalten": Regelmäßig zu Beginn der Ferienzeit
fragen viele EJ-Leser an, ob nicht das eine oder andere, im Handel
längst vergriffene Sonderjournal noch beim Verlag zu erhalten sei.
Wir überlegen deshalb, einige Ausgaben in unveränderter Form
innerhalb der Reihe EJ-Specials wiederaufzulegen. Besonders bie-
ten sich hier die Baureihen-Bände an. Sie stehen nicht nur in der
Hitliste unserer Leser mit an der Spitze, sondern brauchen, da
thematisch abgeschlossen, nicht ergänzt zu werden.
Allerdings verlangen die Bedürfnisse des Zeitschriftenhandels
(neues Erscheinungsdatum, neue Nummer, anderer Preis) eine
veränderte Titelseite. Vielen Sammlern geht das gegen den Strich.
Sie wünschen ihre EJ-Kollektion einheitlich: Was einmal Sonder-
joumal war, muß auch Sonderjoumal bleiben. Selbstverständlich
wäre es kein Problem, um den Originalumschlag ein weiteres
Deckblatt zu heften. Titelblatt-Puristen könnten es entfernen und
hätten ihren Baureihen-Band "neu-alt". Ein solcher potemkin-
scher Alt-Titel wäre freilich nicht zum Nulltarif zu haben. Ein so
getarntes Special-Conderjoumal wäre am Kiosk Ca. 2 DM teurer als
die Neuauflagen-Variante ohne doppeltes Titelblatt. Wäre Ihnen
die Nostalgie den Mehrpreis wert?
Auf Ihre Antwortkarte, die Sie auf der hinteren Umschlag-Halb-
Seite finden können, wartet gespannt
An Bebra vorbei ...
Wiederinbetriebnahmeder .Berliner Kurve<<
Volldampf auf Rügen
Einer Hundertjährigenauf der Spur
Fahrplanwechsel 1995/96
Es war einmal:
Elektrisch ans »Thüringer Meer«
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24
In der Westschweiz:
Neue Meterspurloks
30
Das EJ-lnteiview
Dr. Kajo Schommer: »RoLa war ein Erfolg«
34
Nur eine Nebenbahn
Die Lokalbahn Grafing - Glonn
38
Für den HSB-Planbetrieb:
Der ex T 3 rollt wieder
44
Eisenbahn-Journal-Club
Die Asche ist runter!
52
Vorbildgerecht im Modell:
Erfurt West - Kleinbahnstation am Stadtrand
Es klappert die Mühle ...
Ein nur 20 x 30 cm großes Wunderwerk in Z
WüMembergische Lokomotiven, 2. Teil
75 006 der DRG
Schmalspur-Läuterungmit der RhB:
Langzeit-Projekt
Sommer - Sonne - Wangerooge
HO-Fahrzeuge der lnselbahn von GK-Modellbau
Zwei Epochen - eine Anlage
Zum Spielen und Fahren
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Leipziger Allerlei
Auf schmaler Spur durchs Selketal
Aus Franken - vom Feinsten
Die Baureihe 70° in N von Marks
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Bahn-Notizen
Typenblatt: Baureihe 23 der DB
Typenblatt: Baureihe 65 der DB
Fachhändler-Adressen
Impressum
Tips & Tricks
Weg mit dem Dreck! Die Staub-Hexe hilft
Schaufenster der Neuheiten
Mini-Markt
Bahn-Post
Sonderfahrten und Veranstaltungen
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Titelbild: Dampf pur - ohne Scheinanfahrt und hetzende Auto-
verfolger: 044 553 bei der Ausfahrt aus Crailsheim Richtung
Nürnberg, Anfang der siebziger Jahre. Abb.: L. Nawrocki
Ihre E J-Redaktion
3 Eisenbahn-Journal 7/1995
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An Bdbra vorbei.. .
Totgesagte leben länger!
Gibt es auf dem weiten
Feld des Eisenbahnwe-
Sens für diese >>Wahrheit<<
ein schöneres Beispiel als
die wechselvolle Lebens-
geschichte des Bahnkno-
tens Bebra? Mehrmals
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schon schien Bebras
>>großeZeit<<unwiderruf-
lich abgelaufen zu sein,
und doch kam dann alles
ganz anders. Nun ist es
einmal mehr soweit: Mit
Wiederinbetriebnahme
der sogenannten Berliner
Kurve südlich der riesigen
Bebraer Gleisfelder zum
28. Mai 1995 wird der
bedeutende Ost-West-
Fernverkehr der Routen
Berlin/Dresden - Leipzig
- Erfurt - Frankfurt an
Bebra vorbeirollen; ge-
nauso wie zwischen 1914
und 1945. >>Heinrich
Heine<<,>>JohannSeba-
stian Bach<<,>>Gottfried
Sempew und die anderen
IC/EC-Züge werden
fortan - im Wortsinne -
um Bebra einen großen
Bogen machen. Im Nord-
Süd-Verkehr ist das Inter-
City-Zeitalter für Bebra
bekanntlich schon seit
Fertigstellung der Schnell-
fahrstrecke Hannover -
Würzburg 1991 passe.
Und was bleibt schon
noch von einem großen,
ja geradezu legendären
Eisenbahnbrennpunkt
ohne die großen Züge mit
den großen Titeln?
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!
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B
ebra - das ist einer dieser Namen,
die Eisenbahnfreundesich auf der
Zunge zergehen lassen. Die jün-
geren mag die eigenartige Faszi-
nation dieses Wortes vielleicht nicht mehr
erreicht haben. Aber wohl bald ausnahms-
los all jene “Eisenbahnnarren” (Maedel),
die in den 1960er und frühen 1970er Jah-
ren mit Bebra Bekanntschaft gemacht ha-
ben durch die wunderschönen Bildbände
und Erzählungen Karl-Ernst Maedels -
damals die Eisenbahnliteratur schlechthin.
Vor der ersten Bahnreise in dieses legen-
däre Mekka der Lokomotiven schlief man
unruhig, und wohl niemand, der am näch-
sten Tag das Ziel der Träume erreicht hat-
te, wird enttäuscht gewesen sein. Bebra
war wirklich eine reale Wunderwelt, auch
nach der Zeit der Dampflokomotiven. Und
Bebra ist es irgendwie noch heute; und
vielleicht auch morgen.
Genug der Schwärmerei. Die Fakten: Be-
bra liegt an der 1848/49 in mehreren Etap-
pen von der kurhessischen “Friedrich-Wil-
helms-Nordbahn-Gesellschaft” (ab 1853
“Kurfürst Friedrich Wilhelm Nordbahn-Ge-
sellschaft”, ab 1866 nach der Annexion
Kurhessens durch Preußen “Hessische
Nordbahn-Gesellschaft”) eröffneten Linie
Gerstungen - Bebra - Kassel - Karlsha-
fen/Hümme. Diese wurde durch ihre Ver-
längerungen in Richtung Westen (“König-
lich Westfälische Eisenbahn” über War-
burg und Paderborn nach Hamm) und in
RichtungOsten (“Thüringische Eisenbahn-
Gesellschaft” von Gerstungen über Eisen-
ach in Richtung Erfurt) bald zu einer der
bedeutendsten deutschen Ost-West-Rou-
ten überhaupt.
Bebra, das am 15. Oktober 1848 mit Eröff-
nung des Teilstücks aus Guxhagen ans
Schienennetz angeschlossen worden war,
spieltezunächst nur eine bescheidene Ne-
benrolle. Der Ort erhielt keinen Bahnhof,
sondern fürs Publikum nur eine simple
“Haltestation”. Und einen kleinen Lok-
schuppen, in dem zwei Lokomotiven sta-
tioniert wurden. Diese beiden, “Antilope”
und “Elefant” geheißen, mußten auf der
Rampe zum Hönebacher Tunnel (in Rich-
tung Gerstungen also), der etwa 90 m hö-
her liegt als der Bahnhof Bebra und in dem
die Wasserscheide zwischen Fulda und
Werra überquert wird, Vorspannleistun-
gen erbringen.
Der Aufstiea Bebras zum Bahnknoten be-
gann mit d& “Bebra-hanauer Eisenbahn”.
Für Kurhessen hatte diese zweite Verbin-
dung zwischen Kassel und Frankfurt ge-
genüber der ja bereits existierenden Main-
Weser-Bahn über Marburg und Gießen
den Vorteil, daß sie zum allergrößten Teil
auf kurhessischemTerritorium gebaut wer-
den konnte, wohingegen bei der Main-
Weser-Bahn neben der Freien Reichsstadt
Frankfurt auch noch das Großherzogturn
Hessen durchquert wurde (und dement-
sprechend an den Einnahmen zu beteili-
gen war). Allerdings hatte der Kurfürst sich
lange gegen die Bebra-Hanauer Route ge-
wehrt, da abzusehen war, daß dann der
lukrative Fernverkehr zwischen den bei-
den überragenden deutschen Messe- und
Handelsplätzen Leipzig und Frankfuri
schon weit vor der über alle seine anderen
Städte geschätzten Residenz Kassel um-
laden bzw. umsteigen würde.
Das zugunsten der Main-Weser-Bahn
hihtangestellte Projekt Bebra - Hanau
(- Frankfurt) erhielt erst neuen Schub, als
im benachbartenThüringen die Werrabahn
Coburg - Eisenach Gestalt annahm und
zugleich (nie verwirklichte) Pläneauftauch-
ten, Göttingen und Eisenach zu verbin-
den. Das, so kombinierte man in Kassel,
könne ja nur den einen Zweck haben,
Kurhessen im Nord-Süd-Verkehr zu um-
gehen. Also beeilte man sich, selbst eine
leistungsfähigere Route nach Frankfurt zu
schaffen.
Allerdings kam man wegen der zähen Ver-
handlungen mit Bayern nicht so recht vor-
Bild 3: Während d
Baus der “Berliner
Kurve”um 1913
entstanddieses
Gruppenbild mit
Baulokomotiven bei
Weiterode.
Bild 4: Blick auf die
Südseite des soeben
erweiterten Rangier-
bahnhofs Bebra im
Jahre 1912. Bei den
Lokomotiven handelt
es sich um eine
preußischeG 7
undeine G 7.2.
Abb. 3 und 4:
Sammlung Klee
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